Ulbricht „Lockdown“
„Lockdown“: Hier wird die Trostlosigkeit des verordneten Wahnsinns eingefangen. Bild: Olaf Ulbricht

Der Rückzug aus dem Politischen ins Politische

Interview mit dem Maler Olaf Ulbricht über heile und weniger heile Welten

Herr Ulbricht, niemand hat die Absicht, ein Interview zu führen. Sollen wir wirklich über Kunst reden inmitten der existentiellen Bedrohung?

„Die Wahrheit ist hässlich. Wir haben die Kunst, um an der Wahrheit nicht zugrunde zu gehen.“ Das sagte Nietzsche, der etwas von existentieller Bedrohung verstand.

Der Sinn für das Schöne wird von der herrschenden Ideologie bewusst ausgehöhlt, um das Gefühl für das Ganze zu nehmen. Mit einem gestörten Sinn für Proportionen lassen die Menschen auch die Wahrheit links liegen.

War das eine Frage?

Ja.

Links wird die Wahrheit nicht nur liegen gelassen… Die Zeit ist reif für eine neue Kultur der Ehrlichkeit und Offenheit wie zu Beginn der Reformation. Der Verfall unserer Gesellschaft ist besonders in den öffentlich-rechtlichen Medien augenscheinlich. Aber auch die Wissenschaften, die Kultur, die Bildungspolitik und sogar die Gerichte entfernen sich immer weiter vom Geiste unserer Verfassung. Prasserei, Käuflichkeit und vorauseilender Gehorsam missfallen immer größeren Bevölkerungskreisen. Die Sehnsucht nach Ehrlichkeit, Vertrauen und Offenheit nimmt zu. In diesem Sinne hat sich auch mein Freundeskreis radikal umsortiert. Für mich vorbildlich sind Menschen, die in dieser Beziehung keine Kompromisse eingehen, sich nicht kaufen lassen.

Welche sächsischen Malerkollegen kommen Ihnen da in den Sinn?

Stefan Klinkigt mit seiner „Galerie des Schreckens“, Sebastian Hennig, der in seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ Björn Höcke interviewt hat und natürlich einen Bannfluch des Mainstreams auslöste. Axel Krause, ein exponierter Maler der „Neuen Leipziger Schule“, spricht unverblümt die Dinge an, was ihm einen Galerierausschmiss und Ausstellungsentfernungen einbrachte.

Bei naiver Malerei denkt man zuerst an einen Rückzug aus dem Politischen in die Idylle.

Es ist eher der Rückzug aus dem Politischen ins Politische. Heute ist doch fast alles politisch. Ich male zum Beispiel keine Windräder oder Solaranlagen und nur Häuser mit Satteldach. Der gelernte DDR-Bürger wird auch zwischen den Zeilen fündig.

Was inspiriert Sie derzeit besonders?

Die Malerei von 1840 bis 1910. Die klassische Landschaftsmalerei wurde mir zum Vorbild. Früher habe ich die Größenverhältnisse völlig frei gehandhabt: So spazierten die Leute zwischen Äpfeln, Gurken und Kohlrabis. Aber irgendwann war alles durch, und ich wäre bei Gullivers Reisen gelandet. Dann habe ich die Motive immer mehr stilisiert und driftete in Richtung Hundertwasser. Die Erdung kam durch eine Reise an die Ostsee auf den Darß. Dort sah ich die Bilder von Müller Kaempff. Seit dieser Zeit orientiere ich mich an der Kaiserzeit.

Bei Ihnen strömt wärmendes Licht aus verschiedenen Quellen, von oben, von den Innenräumen, von Laternen, vom Schnee.

Das Licht spielt in der klassischen Malerei schon immer eine große Rolle. Und ich hatte eine wunderbare Kindheit in Meißen. Damals in den 1950er Jahren wurde es in Meißen noch richtig dunkel, und schmiedeeiserne Gaslaternen zauberten eine romantische Szenerie in die mittelalterlichen Gassen. Das hat bei mir eine nachhaltige Wirkung hinterlassen. Außerdem ist mir das Erzgebirge nahe. Eigentlich bevölkern Seiffener Figuren meine Landschaften. Aber auch das Meißner Hügelland und die Ostsee finden immer wieder Eingang in meine Bilder. Jetzt wohne ich wieder in einer Weingegend bei Mainz und mühsam beginne ich, Weinberge zu malen.

Wie hat es Sie denn dahin verschlagen?

Nach dem Studium der Automatisierungstechnik und Physik an der TU Dresden wurde ich Berufsschullehrer mit den meisten Dienstjahren in Aue, da meine Frau Eva-Maria, die ich während des Studiums kennenlernte, Erzgebirglerin war. Mehr als der Malerei widmeten wir uns der Schnitzarbeit. Davon zeugt noch meine Seite Bilderschnitzer.de. Hier erlebten wir gemeinsam neun Jahre sozialistische Erziehung an der Schule und einen Alltag, der uns immer mehr die Absurdität in diesem Teil der Welt vor Augen führte. Irgendwie konnten wir uns nur mit Sarkasmus den bohrenden Fragen der Instrukteure für Kultur und Sport und anderer Funktionäre erwehren. Das ging zum Beispiel so: „Würden Sie als Grenzsoldat einen Flüchtling erschießen?“ Ich: Selbstverständlich, wenn der Befehl so lauten würde. „Und wenn es Ihr Bruder wäre?“ Ich: Natürlich. Selbst wenn Sie fliehen täten, würde ich Sie erschießen!

1985 erhielten wir mit unserem Ausreiseantrag aus Deutschland nach Deutschland ein sofortiges Berufsverbot und wurden ein halbes Jahr später aus der DDR entlassen. Es folgte die Fortsetzung der Berufsschullehrerkarriere, seit dem Vorruhestand 2011 nenne ich mich „Naiver Maler in Freiheit“. Meine Bilder der naiven „heilen Welt“ schafften es bis Seoul, Taipeh und Jerusalem.

Der Westen muss Ihnen doch auch wie eine heile Welt erschienen sein?

Die Stärke der westlichen Welt war das freie Spiel der Kräfte. Dieses Spiel ist der Natur abgeschaut und deshalb anderen Gesellschaftsentwürfen überlegen. Die Natur ist schon immer da, sie ist absolut stabil, und eine Simulation derselben kann nicht ganz falsch sein. Aber der Mensch ist das einzige Wesen, welches von seiner Endlichkeit weiß. Das ist der einzige Grund, warum wir unserem Leben einen Sinn geben wollen. So erfanden wir in unserer Geschichte die Liebe, die Solidarität, Toleranz – und in Sachsen die Gemütlichkeit. Diese Erfindungen sind in der Natur unbekannt, und sie kollidieren auch mit dieser. Wir müssen also sehr behutsam dieses freie Spiel der Kräfte den Veränderungen unserer Gesellschaft anpassen. Durch die Demokratie erfolgt ebensolches sehr raffiniert. Die einzelnen Parteien stellen ihre Lösungsansätze über die neutralen Medien dem Volke vor, und wieder wird im freien Spiel der Kräfte ein gangbarer Weg gesucht…

Ach ja, die 1980er!

Das Leben begann sich anfänglich unmerklich und dann immer deutlicher zu verändern. Erinnerungen an unsere Ausreisephase und die Vorwendezeit stellten sich verstörend wieder ein, etwa die Einheitsfront gegen die Opposition, die dem kompletten Spektrum der Lösungsmöglichkeiten natürlich nicht gerecht werden kann. Finanzkrisen werden nicht wirklich gelöst. Eine Energiewende erscheint von unrealistischem Wunschdenken getrieben, ebenso wie eine Einwanderungspolitik, die völlig aus dem Ruder läuft. In den öffentlich-rechtlichen Medien werden nicht mehr These und Antithese im Diskurs zur Synthese geführt. Nur die These der Regierungsparteien soll offensichtlich die „richtige Haltung“ generieren.

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Erst wollten wir diese Veränderungen gar nicht wahrhaben, als aber Diskussionen mit Kollegen und Freunden immer schneller zu Verunglimpfungen und im Zerwürfnis endeten, wachten wir ernüchtert auf. Da wir immer sehr politische Menschen waren, wurde bei unserer Anwesenheit naturgemäß auch entsprechend diskutiert. Aber im Gegensatz zu heute ging man früher immer im Guten auseinander und hatte Gelegenheit, über die eigene Weltsicht nachzudenken. Die Spaltung der Gesellschaft, demonstriert im Bundestag und verbreitet durch gleichgeschaltete Medien, vertieft sich immer mehr bis in den ganz privaten Bereich.

Steigen wir also doch zweimal in denselben Fluss?

Offenbar, da dieser Prozess in der gesamten westlichen Welt stattfindet. Eine erneute Ausreise ist somit sinnlos. Wir müssen dieser Transformation in einen „gelenkten Kapitalismus“ oder eine „gelenkte Demokratie“ über globale Organisationen entgegentreten! Das ist besonders für junge Leute sehr schwer, denn es werden hochwirksame Mittel des Kapitalismus angewendet. Keiner wird wie zu DDR-Zeiten an der Grenze erschossen. Aber es wird über das Geld Gefügigkeit herbeigeführt. Wer die falsche Haltung zeigt, wird entlassen, ausgegrenzt, in seiner beruflichen Perspektive behindert oder gar nicht erst eingestellt. Um dem zu widerstehen, ist man am besten alt und möglichst reich. Viele neue Revolutionäre sind also Leute, die finanziell völlig unabhängig sind und in ihren letzten Lebensjahren absolute Wahrheiten suchen. Mit meinen „heilen Welten“ erinnere ich einerseits, wie schön unser Leben einmal war, andererseits wird mit solchen Bildchen das vom linken Mainstream finanziell abhängige Kunstestablishment provoziert.

Und heilsame Schwingungen können derzeit alle gebrauchen.

Die Hoffnung auf die Selbstheilungskräfte der freien Welt ist groß. Und es gibt das Internet. Hier manifestiert sich immer deutlicher eine große Bewegung des Widerstandes. Der linke Mainstream beginnt immer mehr mit irrationalen Debatten zu überziehen, und die menschenfeindliche Natur desselben wird immer deutlicher. Alles kommt irgendwann ans Licht.

■ Die Fragen stellte Jochen Stappenbeck

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