Demo Dr. Bianca Witzschel

Dr. Bianca Witzschel: „Das ist eine Farce!“

Aus den letzten Sitzungen des Strafprozesses gegen Dr. Bianca Witzschel

Nach 27 Verhandlungstagen war es am 17. Juni 2024 so weit: Das Dresdner Landgericht verurteilte die Moritzburger Ärztin Dr. Bianca Witzschel wegen „Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ zu 32 Monaten Freiheitsentzug, zum Einzug von 47.000 Euro, zu drei Jahren Berufsverbot und zur Übernahme der Kosten des Verfahrens. Zu diesem Zeitpunkt saß Dr. Witzschel bereits fast sechzehn Monate in U-Haft. Die Haft wurde bis zur Rechtskraft des Urteils ausgesetzt. Die politische Dimension des Prozesses drückt sich in der gänzlichen Ausblendung der erdrück­enden Indizien aus, die den Widerstand gegen die rechtswidrigen Coronamaßnahmen rechtfertigen. Im Folgenden sind die Eindrücke des Autors aus den letzten beiden Sitzungen wiedergegeben.

4. Juni 2024

Mit herzlichem Beifall begrüßen die 45 Besucher Dr. Bianca Witzschel, als sie in den Großen Saal des Hochsicherheitstrakts des Dresdner Oberlandesgerichts geführt wird. Zehn schwerbewaffnete Beamte in den Ecken und Glasscheiben schützen die Prozessteilnehmer vor dem Publikum, das teilweise von weit her angereist ist. Viele kommen aus Dankbarkeit, durch die Ärztin vor schweren Gesundheitsschäden bewahrt worden zu sein, „weil mein Hausarzt sich lieber dumm und dusselig an den Giftspritzen verdienen wollte, als mir zu helfen“, so eine Angereiste aus Bad Lausick. Einige Zeugen hatten unter Tränen ihre verzweifelte Lage geschildert, aus der sie sich nur über Dr. Witzschels Atteste retten konnten. Über den Bildschirm im Saal waren dabei teilweise ihre Krankheitsgeschichten eingeblendet worden. Neben mir sitzt ein Arzt im Ruhestand: „In solch einer Lage, in der zwischen Nutzen und Risiko abgewogen werden muss, zählt für uns der Wille des Patienten, wenn er eine ihm zu riskant erscheinende Prozedur ablehnt. Eine Untersuchung ist dafür nicht erforderlich.“

Warum bin ich bloß in den Osten gezogen? Im Westen wären mir solche politischen Prozesse erspart geblieben! Und wozu hat Kretschmer gefordert, dass wir die „Fehler“ und „Ungerechtigkeiten“ der Coronazeit uns „gegenseitig nicht so aufzurechnen versuchen“ sollen? Also hätte ich diesen Prozess nie stattfinden lassen dürfen. Und dieser spontane Umzug ins OLG, wo die Schwerverbrecher verurteilt werden. Wäre es nach mir gegangen, dann … Andererseits erfüllen wir doch die Bitte des MP, indem wir die Fehltritte des Staates ignorieren und nur die Vergehen einzelner Bürger aufrechnen! Genau. Dann ist ja alles okay. Den Blick allein auf das Strafgesetzbuch gerichtet, kann ich hier serienmäßiges Ausstellen von Attesten ohne ärztliche Untersuchung und mit „Energieausgleich“ am Fiskus vorbei erkennen, also Urkundenfälschung mit Bereicherungsabsicht. Wenn das alle täten …

Der vorsitzende Richter Jürgen Scheuring befragt einen Zeugen, den letzten im Verfahren und gleichzeitig den ersten, den die Verteidigerseite bestellen durfte. Alle anderen Beweisanträge wurden vom Richter abgelehnt. Audiatur et altera pars: Auch die andere Seite ist anzuhören. Wenn es nach den Rechtsstaatsprinzipien ginge. Nach einer Stunde schweifen meine Gedanken ab und verirren sich in die Köpfe der fünf Richtenden des Landgerichts, zwei davon sind Schöffen. Wie gelingt es ihnen, so teilnahmslose Mienen aufzusetzen? Ich male mir aus, wie ich denken und fühlen würde, säße ich da vorne als Richter.

Der Zeuge, gegen den selbst ein Corona-Strafverfahren anhängig ist, ist Rechtsanwalt. Ihm sitzt ein Rechtsbeistand zur Seite, der auf Fangfragen achten soll. Der Zeuge beantwortet geduldig alle Einzelfragen, etwa nach dem Zeitpunkt der Überführung zweier Schäferhunde nach Spanien oder dem Schulbesuch einer seiner Töchter. Immer wieder wird um die Klassifizierung von Handlungen gerungen, etwa wenn der Befrager eine Beratungstätigkeit sieht, der Zeuge aber nicht. Der Richter macht keinen Hehl aus seiner negativen Einstellung gegenüber alternativen Methoden wie etwa dem von Dr. Witzschel genutzten Bioresonanzgerät. Der Zeuge gibt an, dass er und seine Familie ausführlich untersucht wurden und er der Ärztin im Ruhestand pro Person ca. 50 Euro überreicht hatte. Das langwierige Verhör hätte mich Laien schon längst mürbe gemacht. Der Jurist hält die 95 Minuten bis zu seiner Entlassung ruhig aus und möchte am Ende der Gefangenen noch eine Papaya übergeben, die er auf Geheiß des Richters aber an der Pforte zur Prüfung deponieren soll. (Die Pforte hatte heute schon Schwerstarbeit mit den Leibesvisiten der Besucher bis zu den Socken hinab und dem Kopieren der Ausweise, ohne zu erklären, was mit den Daten passiert. Eine Frau vor mir in der Schlange kam aus Kamenz und hielt einen Brief von Dr. Witzschel, der sie jeden Tag schreibt, in der Hand. Es ist eine für Ärzte selten ordentliche Handschrift.)

Dann folgt das Plädoyer des Staatsanwalts. Er fordert vier Jahre und zehn Monate. Außerdem den Einzug des vermuteten Gewinns von 47.000 Euro, der Tatwerkzeuge wie PC u.ä. Strafverschärfend sei unter anderem „die Zugehörigkeit zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene“. Außerdem sei die „gesamtgesellschaftliche Schädigung“ erheblich und die Methode der Angeklagten „von jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entfernt“. Empörung im Publikum: „Es ist eine Farce!“

Das Problem ist, dass die da hinter der Glaswand und alle alternativ Informierten wissen, dass auch uns die skandalösen RKI-Protokolle bekannt sind, die die ungeheuerliche kriminelle Energie der Mächtigen beweisen, und eigentlich müssten wir uns nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Bundesnotbremse richten, wonach neue Erkenntnisse zur politisch gesteuerten Pandemie auch die Rechtsprechung beeinflussen müssten. Aber wie sollen wir da noch den Kopf aus der Schlinge bekommen? Die „Serientäterschaft“ der Attestausstellung zeuge von hoher krimineller Energie, so der Ankläger. Und warum nicht vom Gegenteil? Von hoher Integrität und Courage, damit der Widerstand gegen die rechtswidrigen Maßnahmen an Breite und Tiefe gewinnt! Diese verflixte Politik! Es ist wie bei Mord und Tyrannenmord. Dieselbe Tat, aber einmal böse und das andere Mal gut? Wenn wir aber den Widerstand gegen staatliches Unrecht gutheißen würden, wären wir alle dran. Freispruch hieße Entschädigung und Anklage der wirklichen Täter. Dann müssten alle Impfärzte verklagt werden, alle Beamten, die wider besseres Wissen nicht remonstriert haben, die Medien usw. Der Ex-Kollege Christian Dettmar aus Weimar ist uns eine Mahnung. Er hatte es mit seiner richterlichen Unabhängigkeit zu weit getrieben und die Regierung indirekt als Rechtsbrecher dastehen lassen, indem er Schülern die Maskenpflicht erließ. Zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung. Der Kontaktschuldtrick des Staatsanwalts mit der angeblichen Zugehörigkeit zu einer nicht definierten Gruppe, von der wir „wissen“, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung aushebeln will, wird von den Medien gut mitgespielt, die geben uns Rückendeckung. Kein Rauch ohne Feuer. Und das fortgeschrittene Alter darf uns gar nicht berühren. Bei den „Rollator-Putschisten“ hat man ja auch kein Erbarmen. Gerade wird doch wieder eine 95-Jährige für falsche Worte hinter Gitter gebracht. Welche falschen Worte werde ich mit 95 äußern? Und in Hamburg beginnt der Prozess gegen den Attesteverschreiber Dr. Walter Weber. Der sammelt nun Zeugen dafür, dass die Ärzte Angst vor Repressalien hatten und deswegen keine Befreiungen ausstellten. Ein Problem ist auch die Abwesenheit von Geschädigten, die paar nachgewiesenen entgangenen Steuern reißen es nicht heraus. Das Eleganteste wäre, die bereits abgesessene Haft zufällig als Gesamtstrafe zu erkennen. Oder weniger auffällig: die abgesessene Zeit als Hälfte der Gesamtstrafe. Dann könnte ja ein Antrag auf frühzeitige Freilassung gestellt werden. Wir sind keine Unmenschen…

Applaus reißt mich aus dem Phantasieren. Die Verhandlung ist zu Ende, die Sympathisanten wünschen Dr. Witzschel Durchhaltekraft. (Diese feste „Haltung“ wurde ebenso als strafverschärfend erachtet.) „Wie im Kino“, bemerkt Richter Scheuring. „Ja, wie im schlechten Spektakel“, entgegnet ein Besucher.

11. Juni 2024

Um die 100 Menschen wollen heute die beiden Plädoyers der Verteidigung und das letzte Wort von Dr. Witzschel hören. RA Boleslawsky sieht in seiner knappen Rede durch die C-Maßnahmen den Nürnberger Kodex als verletzt und somit das gesundheitswahrende Handeln von Dr. Witzschel als gerechtfertigt an. Freispruch! RA Brunzig begründet in knapp zwei Stunden die Unschuld von Dr. Witzschel mit all den Argumenten, die durch die nicht zugelassenen Experten hätten angebracht werden können. Gleichzeitig verpackt der Anwalt alles schlüsselfertig in juristische Logik und ausführliche Verweise auf die Rechtsprechung. Vielleicht ist der Kommentar von Richter Scheuring „Danke für Ihr Plädoyer, ein schulbuchmäßiger Vortrag“ gar nicht ironisch-abfällig gemeint? Leise Hoffnung keimt im Publikum auf.

Danke für die Arbeitserleichterung. Nett, wie die Verteidigung Brücken bauen will. Und das Publikum ist ganz still, will uns nicht stören, will den Groschen fallen hören. Nach der angstgetriebenen Rechtsprechung der Coronazeit sei es nun geboten, wieder zur Normalität zurückzukehren und zum Rechtsstaat … Die Therapiefreiheit verbiete die wertende Einmischung von Nicht-Ärzten in die ärztliche Methode, solange nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt werde. Das Wissen um die Schädlichkeit der Masken und der Impfung war von Anfang an da. Kein Tatbestand „unrichtiger“ Gesundheitszeugnisse. Die RKI-Protokolle zeigen erhebliche Zweifel selbst unter den federführenden Gesundheitswächtern – im März 2020! Also alles reine Willkür. Politik – für mich ein rotes Tuch, das blende ich aus! Natürlich suchten sich die Leute, deren Hausärzte Angst vor Repressionen hatten, mutige Attesteverschreiber. Aber wenn das alle gemacht hätten…

Ruhig und fest klingt Dr. Witzschel beim letzten Wort. Jeder einzelne Organismus weise als Wunderwerk der Schöpfung eine enorme Variabilität auf, wie die einzelnen Elemente ineinandergreifen und voneinander abhängen. „Sie brauchen Sauerstoff, Nahrung und Flüssigkeit, aber keine Gifte.“ Anders als ein Uhrwerk lässt sich der Mensch nicht so einfach reparieren. Er muss ständig auf eine gute Mikrozirkulation und die Entgiftung achten. Die durch die Masken erzwungene Sauerstoffbegrenzung bei gleichzeitiger CO2-Zurückhaltung stört das Gesamtsystem. Bei jedem können sich unterschiedliche Schäden entwickeln. „Ich fragte mich: Wer, wenn nicht ich als Arzt, kann die Menschen vor solchen Gefahren bewahren und aufklären?“ Der Wille des Patienten, die eigene ärztliche Einschätzung sowie die fehlende Gefährdung anderer wurden stets zusammen berücksichtigt. Individuelle Diagnosen gehören nicht auf Befreiungsatteste. Somit lag keine schuldhafte Handlung vor. „In fester Überzeugung, das Richtige getan zu haben und in Ehrfurcht vor der Schöpfung“ schließt Dr. Witzschel ihre Erklärung ab. Der betagte RA Boleslawsky stand die ganze Zeit. Nun erheben sich auch die Besucher von ihren Plätzen und blicken stumm zur Ärztin und zu den Richtenden. Zehn Sekunden herrscht vollkommene Stille im Saal. „Am 17. Juni ist die Fortsetzung“ – teilt Richter Scheuring mit und verlässt die Verhandlung.

17. Juni 2024

Zum 71. Jahrestag des Volksaufstandes hält es das 107-köpfige Besuchervolk bei der Urteilsverkündung nicht mehr aus: Als Richter Scheuring mit dem Vorlesen der Namen von Attestempfängern beginnt, entsteht erst vereinzelter Tumult, dann skandiert die Menge „Freiheit, Freiheit!“ und intoniert die Nationalhymne (in der Vor-EM-Fassung). Es kommt zur gewaltsamen Räumung des Saals und zur späteren Wiederaufnahme der Urteilsbegründung, in der es heißt: „Wir hatten eine Epidemie, die vergleichbar war mit der Cholera des 19. Jahrhunderts.“ Wird in zukünftigen Geschichtsbüchern stehen: „Wir hatten Richter, die urteilten auf dem Wissensstand des 19. Jahrhunderts“?

■ Jochen Stappenbeck

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