Heuschrecken

Buchrezension: Ein Neuanfang in Sachsen

Der Roman „Hermann muss fallen“ zeigt Widerstand im Bürgerkriegsszenario

Anfang der 2030er Jahre: Unter der Bundeskanzlerin Fatma Yücel schickt sich die BRD an, das Teutoburger Hermannsdenkmal zu schleifen und an die Stelle des „deutschen Größenwahns“ ein islamisches „Zentrum für Toleranz“ zu errichten. Dank des Zusammenwirkens unterschiedlicher Widerstandskräfte gelingt es dem patriotischen Lager letztlich, das Denkmal zu retten und große Teile der Bevölkerung für die Bedrohung des Eigenen zu sensibilisieren. Über die Besonderheiten dieses Gedankenexperiments geht es in der folgenden Rezension.

Die Romanhandlung wird von einem leitenden Kriminalbeamten namens Wolfgang Staubs im ostwestfälischen Detmold initiiert, der eigentlich gegen den rechten Unternehmer Aegir Strauß ermittelt, aber heimlich die Seiten wechselt und mit Strauß das „Freikorps-Kommando Arminius“ gründet. Strauß wiederum fördert den sächsischen Politiker Alex Kurz, der mit seiner Partei „FreiheitsfrontPlus“ nach einem erdrutschartigen Sieg in Sachsen das extra für ihn zu schaffende Sicherheitsministerium anstrebt. Stück für Stück kristallisiert sich heraus, dass für den Erfolg der einen Seite der Erfolg der anderen Seite notwendig ist, was am Ende auch eintritt: Die Denkmalschutzaktion in NRW beschert Kurz die Regierungsbeteiligung und diese ermöglicht sodann über eine Amnestie die Beilegung der Bürgerkriegseskalation. „Eine inoffizielle Koalition zwischen einem linksgrünen Ministerpräsidenten Yusuf Hijhan und einem nicht mehr der FreiheitsfrontPlus zugehörigen, unabhängigen Sicherheitsminister Alex Kurz, das käme einem Friedensvertrag zwischen den verfeindeten Bürgerkriegsparteien in ganz Deutschland gleich.“

Der letzte verbliebene Weg

Unter dem Buchtitel präzisiert der Autor: „Ein politischer Zukunftsroman zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Bürgerkrieg und völkischer Selbstbehauptung“. Die Vokabel „völkisch“ deutet darauf hin, dass hier nicht um den heißen Brei herum geredet wird. Es geht um den offenen Zusammenprall des herrschenden „linken“ Lagers mit dem widerständigen „rechten“ Lager, dessen Hauptdarsteller bereit sind, die zunehmend volksfeindlichen Tendenzen in der Politik und der gesteuerten Öffentlichkeit auch mit militanten Mitteln abzuwehren: „Wir sind die erste Generation deutscher Männer, die tatsächlich wieder in den Angriff übergegangen sind – weil es nicht mehr anders ging. Weil es der letzte verbliebene Weg zu unserer Selbstbehauptung ist. Wir haben Nein gesagt und es auch so gemeint. Und deshalb stehen wir jetzt hier.“ Diese programmatische Aussage gehört dem Protagonisten Sven, der mit seiner Freundin Michelle und weiteren Mitstreitern an der Schlacht um das Hermannsdenkmal teilnimmt. Der Anfang des Bürgerkriegs wird von Sven auf 2015 datiert: „Bürgerkrieg bedeutet nicht, dass irgendwelche Gruppen und Organisationen sich gegenseitig oder die Polizei bekämpfen, sondern dass sich die einzelnen Bürger untereinander bekämpfen – und das ist seit 2015 geschehen, mit jedem Tag ein bisschen mehr! Zuerst wurde durchschnittlich pro Tag nur eine Frau von Asylanten vergewaltigt, zehn Jahre später waren es schon hundert pro Tag…Das ist Bürgerkrieg in seiner reinsten Form. Er entwickelte sich wie eine kontinuierliche Steuererhöhung: Stück für Stück, in appetitliche Häppchen aufgeteilt, sodass sich die Bevölkerung daran gewöhnen konnte.“

Damit wird ein Grundpostulat der Friedens- und Freiheitsbewegung der letzten Jahre künstlerisch herausgefordert, nämlich das der unbedingten Friedfertigkeit. Vor allem in den Coronajahren wird es immer wieder als einzig erlaubtes und zielführendes Mittel deklariert. So beschwört Oliver Janich in einem Gedicht aus der Haft in Manila: „Aber wird die Zahl zu groß / Werden die Dunklen ins Licht gezerrt / Stellt sie überall bloß / Bis die Flamme der Wahrheit sie verzehrt / Bleibt immer und überall friedlich / Wir sind nicht wie sie“. Im Roman wird vor allem der Westen der Republik als so hoffnungslos von volksfeindlichen Kräften dominiert geschildert, dass nun Menschen auf den Plan treten, die sich nicht mehr alles gefallen lassen, wobei der Einsatz von Gewalt als legitimer Bestandteil des Widerstands stets als Reaktion auf die Gewaltinitiative seitens des feindlichen Lagers geschildert wird. Die Verfechter der rechten Sache werden als gesunde und kräftige Menschen gezeichnet, während die Gegenseite meist hässlich handelt und abstoßend wirkt. Bis auf Staubs gibt es keine Grenzüberschreitungen zwischen den Lagern, dass also etwa jemand zwei Seelen, eine linke und eine rechte, hätte in seiner Brust. In Einklang mit den Gesetzen des Action-Genres ist keine Irritation des Schwarz-Weiß-Bildes vorgesehen. Auch die Sprache strömt kräftig und geradlinig durch die Seiten.

Glücksfall Spaltung

Die zweite Abweichung vom derzeitigen Hauptpostulat des Widerstands ist die Zweckmäßigkeit der Spaltung, nämlich die der größten oppositionellen Partei „Die Alternativen“ in eine westliche, gemäßigte und eine östliche, radikalere Partei. „Du weißt, dass die Alternativen im Westen nichts gebacken kriegen. Die FreiheitsfrontPlus im Osten dagegen schon. Die Spaltung der Partei war der klügste Schachzug, den das rechte Lager in den letzten Jahrzehnten zustande gebracht hat. Die Regierung konnte zwar erfolgreich gegen die Alternativen im Westen wettern, aber bei der FreiheitsfrontPlus im Osten hatte sie damit keinen Erfolg“, sagt Kurz. Das Scheitern der Medienhetze wird mit „in mühevoller Graswurzelarbeit generierten parteikonformen Medien“ und dem erfolgreichen Bemühen, „heruntergekommene Landstriche sowohl optisch als auch infrastrukturell zu stärken“, erklärt. Auf Demonstrationen setzt man dagegen wenig: „Haben die ganzen rechten Massenproteste gegen den Bevölkerungsaustausch, die Massenvergewaltigungen und die brutalen Morde an unseren Kindern und Frauen irgendwelche positiven Veränderungen nach sich gezogen?“ Im Zuge der Unruhen um das Hermannsdenkmal erkennt man den Wert landesweiter Großdemonstrationen darin, die Gegenseite zu schwächen: „Doch jetzt haben sich die Vorzeichen geändert: Wir wollen nicht nur politische Veränderungen fordern, wir wollen sie selbst herbeiführen. Es geht darum, Polizeieinheiten zu dividieren und durch Teilung zu schwächen.“

Gnade der frühen Publikation

Abhörsichere „quantenverschränkte“ Handys sowie rasend schnelle Flutungen des sozialen Medienmilieus mit Nachrichten, die die öffentliche Meinung beeindrucken, weil sie schnell und pointiert publiziert werden, sind das Erfolgsrezept für die technische Koordination des militanten Widerstands. Was Helmut Kohl die „Gnade der späten Geburt“ war, ist dem Autor Steve Lizek die Gnade der frühen Publikation: Im Februar 2020 beendete er die Niederschrift seines Polit-Thrillers, kurz bevor Deutschland in den Transformationsfleischwolf des Corona-Great-Resets gestürzt wurde. Dadurch war es dem Autor vergönnt, recht frei mit einer großen Unbekannten zu operieren: mit der öffentlichen Meinung, also mit dem Gewicht der großen Masse, die nicht den hochpolitisierten Rändern zuzuordnen ist. In seinem Werk liegt es vor allem an der geschickten Ausnutzung der neuesten Medien- und Kommunikationswege, dass das rechte Lager von Anfang an die Deutungshoheit der Regierungsmedien herausfordert, was letztlich in das Zugeständnis der Kanzlerin an die rechten Kräfte mündet: „Die Bundesregierung kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt trotz der Anwesenheit ausländischer Spezialkräfte und dem Einsatz der Bundeswehr im Innern die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht gewährleisten. Die Menschen in diesem Land müssen selbst entscheiden, ob sie in einem Land leben wollen, in dem die Menschenrechte geachtet oder mit Füßen getreten werden…Daher gebe ich als Bundeskanzlerin die Auflösung des Bundestags und die sofortige Einberufung von Neuwahlen bekannt.“

Eine solche Wortwahl der Regierung, ganz zu schweigen von einer solchen Entscheidung, wurde wenige Wochen nach dem letzten Federstrich am Roman in das Märchenreich katapultiert, als selbst das Spazierengehen mit dem Grundgesetz in der Hand strafbar und „den Menschen in diesem Land“ die freie Entscheidung über ihre Gesundheit inkriminiert wurde – ohne nennenswerten Protest der großen Mehrheit. Nach drei Jahren Corona-Terror ist zweierlei festzustellen: Die Manipuliertheit der Masse kann zum einen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, das heißt die mangelnde Fähigkeit, sich bei existentiellen Entscheidungsfragen auch einmal ein Urteil gegen den Hauptstrom der Systemmedien zu bilden, angesichts der Tatsache, dass sich 78 Prozent des Staatsvolks ohne Gegenwehr einem medizinischen Experiment unterwarf, das seine genetische Konstitution unwiderruflich verändert, und nun eine Regierung gewähren lässt, die Deutschland in den Weltkrieg gezogen hat. Zum anderen zeigten die Jahre nach 2020, dass die informierte Minderheit der Bevölkerung, die den Protest beharrlich auf die Straße trägt, sich mit den Grundforderungen des rechten Lagers, so wie es bei Lizek geschildert wird, solidarisch zeigt und die Trennung in „links“ und „rechts“ als obsolet und unpassend von sich weist.

Realismus-Check

Ein fiktives Werk muss gar nichts, schon gar nicht realistisch sein. Aber es regt an, Elemente für seine theoretische Umsetzbarkeit durchzuspielen. Ist es realistisch, dass von der Exekutive Angriffe auf solche Denkmäler wie das Hermannsdenkmal, das Völkerschlachtsdenkmal oder den Kyffhäuser erfolgen könnten? Die Coronazeit spricht dagegen. Statt auf augenfällige Großobjekte zielt man gerade auf den unsichtbaren Mikrobereich und setzt gleichzeitig eine normierte Wahrnehmung fest – wie zum Beispiel die Gefährlichkeit von Erregern, die noch nie isoliert wurden. Die verdeckte Kriegsführung gegen die Völker lässt die Regierungen geduldig immer nur kleine Schritte unternehmen. Im Roman ist förmlich die Sehnsucht nach offenem Kampf seitens der Opposition zu spüren. Recht penetrant wird immer wieder Leo Schlageter zitiert und damit der Freikorpskampf Anfang der 1920er Jahre speziell gegen die Besatzer des Ruhrgebiets evoziert. Schon damals war die Mehrheit der Bevölkerung wenig dafür zu begeistern, weil neben den Repressionen durch die Besatzer innerhalb des Widerstands mit hoher Brutalität gegen Abweichler vorgegangen wurde. Zur Verstärkung der Bundeswehr und der Polizei lässt Lizek mit 3000 Mann die Spezialeinheit „Eurogendfor“ aus Frankreich anrücken. Selbst diese Truppe kann das Schlachtglück nicht zugunsten des Systems wenden. Völlig außen vor gelassen werden die USA und die NATO und somit auch die Geopolitik. Undenkbar wäre ein Zuwiderhandeln der Bundesregierung gegen die Vorgaben des Hegemons, der Atombomben auf deutschem Boden befehligt und sich nach Grundgesetz die Besatzungskosten bezahlen lässt. Wie schon 1982 gab es womöglich auch 2022 mit Sprengungen von Gasleitungen eine Art Disziplinarmaßnahmen, die präventiv ein Schwachwerden der Regierung gegenüber dem Druck des Volkes verhindern sollten. Der Autor wird den Kunstgriff des Weglassens angewendet haben, um sich besser auf die Skizzierung der innerdeutschen Kräfteverhältnisse zu konzentrieren.

Dem Autor war zur Zeit der Niederschrift schon die Korrektur der „unverzeihlichen“ Wahl eines FDP-Politikers zum MP in Thüringen bekannt und somit der Wert von Amtseiden und Versprechungen, so dass die Befriedung des Landes dank des Versprechens, den Denkmalsverteidigern ungestraft einen Neuanfang in Sachsen zu gönnen, eher das Gemüt erwärmt und die Anhänglichkeit des im Erzgebirge lebendes Autors zu Sachsen bezeugt. Alex Kurz träumt von einem unabhängigen Freistaat Sachsen, dem er über seine Vision ein wenig näher kommt, wenn tüchtige Leute ins Land fliehen: „Indem ich den Mitgliedern und Unterstützern des Kommandos Arminius in Sachsen Schutz vor Strafverfolgung gewähre, könnte sichergestellt werden, dass die Kämpfe tatsächlich aufhören, weil dann niemand mehr Sorgen haben müsste, für den Rest seines Lebens im Knast zu verschwinden.“ Die Sezessionsidee hätte realistischer ausgestaltet werden können unter Einbeziehung der Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei, die ein vitales Interesse daran haben, die Grenze zum in der Zukunft islamisch dominierten Westeuropa innerhalb Deutschlands verlaufen zu lassen. Für die konservativen Bestrebungen in Osteuropa steht im Roman die Gruppe der Russlanddeutschen, deren Einsatz einen entscheidenden Anteil am moralischen Sieg gegen die Denkmalsgegner hat.

Tacitus lässt grüßen

Auch wenn die Charaktere durchgehend als recht aufbrausend und reizbar geschildert werden, ist es dank der leichten Lesbarkeit einfach, sich affirmativ in sie hineinzuversetzen. Die vorherrschend maskuline Perspektive scheint dem Typus des germanischen Freiheitskämpfers zu Arminius Zeiten nachempfunden zu sein, wie es etwa über Tacitus übermittelt wurde: Die ansonsten gutartigen und rechtschaffenen Volksverteidiger werden wild, wenn der Feind es mit ihnen zu bunt treibt. Das Gegenmodell einer schönen und traditionsgerechten Lebensweise kommt stellenweise über die Schilderung des Lebens auf dem Lande zum Vorschein. Vielleicht beschert der Autor seinen Lesern die Ausgestaltung einer solchen Vision in einem Folgewerk?    

■ Jochen Stappenbeck

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