Chris Rea 2010 in der Heineken Music Hall von Amsterdam. Foto: Von Dutch Simba - https://www.flickr.com/photos/dutchsimba/4410324115/sizes/o/in/set-72157623440528645/, CC BY-SA 2.0.

Chris Rea: Melancholie und Zivilisationskritik

Zum Tod der britischen Rock-Legende

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Neben „Last Christmas“ von „Wham“ ist „Driving home for Christmas” von Chris Rea das wohl bekannteste Pop-Weihnachtslied der Welt. Fast wirkt es wie ein Fingerzeig, dass Chris Rea nun zwei Tage vor Heiligabend verstorben ist.

Doch der am 4. März 1951 im englischen Middlesbrough geborene Blues- und Rocksänger hatte mehr zu bieten als diesen Mega-Hit. So veröffentlichte er 1989 sein Album „The Road to Hell“, dessen Titelsong zu einem seiner größten Hits wurde. Das Lied, das in zwei Teilen erschien – Part 1 instrumental und Part 2 mit Text – ist mehr als nur ein Ohrwurm mit eingängigem Gitarrenriff. Er ist eine scharfe Kritik an der modernen Zivilisation, die Rea als einen Weg in die Verdammnis darstellt.

Der Song beginnt mit einer surrealen Szene: Der Protagonist steht im Stau auf einer Autobahn und sieht eine Frau am Straßenrand, die sich als seine verstorbene Mutter entpuppt. Sie warnt ihn: „Son, this is the road to Hell.” Diese Metapher der „Straße zur Hölle“ zieht sich durch den gesamten Text und symbolisiert den Fortschritt der westlichen Gesellschaft, der letztlich zum Untergang führt. Rea beschreibt eine Welt, in der Flüsse vergiftet sind („Well I’m standing by a river / But the water doesn’t flow / It boils with every poison you can think of“) und die Straßen mit „credit“ verstopft sind – eine Anspielung auf den Kapitalismus, der alles in Schulden und Konsum ertränkt („And all the roads jam up with credit / And there’s nothing you can do / It’s all just bits of paper flying away from you“).

Entmenschlichte Gesellschaft

Hier wird die Kritik an der Umweltzerstörung greifbar: Rea bezieht sich auf reale Orte wie den verschmutzten River Tees in seiner Heimatstadt Middlesbrough, wo industrielle Verschmutzung die Natur zerstört hat. Die „perverted fear of violence“ und der Verlust von Freude („the light of joy I know / Scared beyond belief way down in the shadows“) deuten auf eine entmenschlichte Gesellschaft hin, in der Gewalt und Angst den Alltag dominieren. Der Refrain unterstreicht: „This ain’t no technological breakdown / Oh no, this is the road to hell“ – es ist kein vorübergehender Ausfall, sondern ein systematischer Fehler der westlichen Kultur selbst. Einige Interpreten sehen sogar eine euroskeptische Note darin, da Rea den „Fortschritt“ Europas als road to hell empfand.

Reas Album „The Road to Hell” erschien genau im Oktober 1989, als sich die Revolution in der DDR auf ihrem Höhepunkt befand. Es zählt zu den kommerziell erfolgreichsten Alben des Rockmusikers, das es in den britischen Charts bis auf den ersten Platz brachte. Das Musikvideo zu dem auf dem Album enthaltenen Song „Texas“ wurde in einem Militärcamp in West-Berlin gedreht und oft als Metapher auf die damalige Situation in der DDR gedeutet, obwohl sich keine direkten Anspielungen auf den Arbeiter- und Bauernstaat darin finden.

Im Laufe der 90er Jahre zog sich Rea aus dem Pop-Geschäft langsam zurück, um sich eher seinen eigenen Interessen zu widmen.

Leidenschaft für deutschen Rennfahrer

Rea hatte eine starke Beziehung zu Deutschland. Seit Kindheitstagen war der deutsche Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips, der am 10. September 1961 in Monza bei einem Formel-1-Rennen – hauchdünn vor dem Gewinn der Weltmeisterschaft stehend – tödlich verunglückte, sein großes Idol und eine der prägenden Figuren seines Lebens. Die Leidenschaft begann, als er als Zehnjähriger in der Zahnarztpraxis eine Ausgabe der Zeitschrift Motor Sport „stahl“ und darin Fotos von von Trips im berühmten Ferrari 156 „Sharknose“ und beim Sieg bei der Targa Florio sah.

Von da an war Rea – der mit seinem italienischstämmigen Vater zusammen Rennen im Fernsehen verfolgte – fanatischer Anhänger dieses charismatischen deutschen Adligen, der als einer der ersten deutschen Fahrer nach dem Krieg international erfolgreich war. Der Tod von Trips traf den jungen Chris Rea sehr hart (seine Eltern hielten die Nachricht zunächst sogar von ihm fern, damit er unbelastet zur Schule gehen konnte).Diese lebenslange Faszination mündete Jahrzehnte später in künstlerischen Projekten:1996 schrieb, produzierte und spielte Rea in dem semi-autobiografischen Film „La Passione“ mit, in dem er Teile seiner eigenen Kindheit (italienische Eiscreme-Familie in Middlesbrough) mit dem Leben und der Rennkarriere von Wolfgang von Trips verschmolz.

Wolfgang von Trips beim „Großen Preis der Niederlande“ in seinem Ferrari im Jahr 1961. Foto: Von Harry Pot – http://proxy.handle.net/10648/a9d5cf80-d0b4-102d-bcf8-003048976d84, CC BY-SA 3.0 nl.

Für den Film ließ er eine originalgetreue Replika des Ferrari 156 Sharknose bauen, was ihn über Jahre hinweg beschäftigte. 2015 erschien eine erweiterte Deluxe-Edition von „La Passione“ (als Box-Set mit CDs, DVDs und Buch), die eine komplette Dokumentation über von Trips enthält – basierend auf bis dahin unveröffentlichtem privatem Filmmaterial aus dem Familienarchiv der von Trips, das Rea exklusiv nutzen durfte. Es gibt zudem Instrumentalstücke von Rea mit Titeln wie „Wolfgang“, die eindeutig als Hommage an seinen Helden zu verstehen sind.

Rea steuerte auch die Musik zu mehreren deutschen Filmen bei, so für „Auf immer und ewig“ (1986), „Der Schattenmann“ (1995) oder „Blutsbrüder“ (1997).

Leben ist am Ende immer auch Scheitern. Rea hatte ein starkes Sensorium für die Vergänglichkeit der Dinge und die Vergeblichkeit der menschlichen Anstrengungen, die er in warmen und kraftvollen Songs festhielt. Am 22. Dezember 2025 verstarb er in seiner Heimatstadt Middlesborough.

 Arne Schimmer

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