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Es gibt im menschlichen Dasein kaum ein Schicksal, das so furchterregend ist wie das, Opfer in einem Luftkrieg zu werden. Man kann unter Trümmern begraben werden und einen tagelangen Todeskampf vor sich haben oder bei lebendigem Leib verbrennen. Bei Flächenbombardements können ganze Familien so rückstandslos ausgelöscht werden, dass von ihnen nur Asche bleibt. Kaum ein zweites Volk hat diesen Horror so durchlebt wie das deutsche. Nicht nur die Großstädte wurden mit verheerenden Luftangriffen überzogen, sondern auch kleine und mittelgroße Städte wie Nordhausen, Halberstadt, Bad Reichenhall oder Hameln mit Massen an Spreng- und Brandbomben oft noch ganz kurz vor Kriegsende regelrecht plattgemacht. Etwas Vergleichbares hat es in der an Schrecklichkeiten nun wirklich nicht armen Geschichte des 20. Jahrhunderts wohl nicht gegeben.
Die Täter waren ausgerechnet zwei Nationen, die sich selbst als Lordsiegelwahrer der Humanität betrachteten, nämlich Großbritannien und die USA. Wie ist das zu erklären? Dazu gibt es nur wenige Theorien. Bedenkenswert ist der Ansatz des 2016 verstorbenen Luftkriegshistorikers Horst Boog. Er hat die These aufgestellt, dass aus der Kolonialkriegserfahrung der Royal Air Force heraus eine bestimmte Mentalität entstanden sei, die sich möglicherweise auf den Bombenkrieg gegen Deutschland übertragen habe. Wenn das so zutreffen sollte, dann hätte man den Luftkrieg gegen das Reich in London als eine Art Strafexpedition verstanden, um die unbotmäßigen Eingeborenen zur Räson zu bringen und sie durch gezielte Grausamkeit zu erziehen. Manchmal brach im innersten Kreis der britischen Führung die pure Mordlust hervor. Das Ziel sei, „Boches unter den Trümmern ihrer Häuser begraben, Boches umbringen und Boches terrorisieren“, wie es Arthur Harris, der Chef von „Bomber Command“, formulierte. („Boche“ ist eine französische abschätzige Bezeichnung für Deutsche.) Eine andere zentrale Frage ist, was der Luftkrieg mit den Angegriffenen, also den Deutschen, gemacht hat.
Ein großes und beschwiegenes Trauma
Der Germanist W. G. Sebald wies schon 1997 darauf hin, dass die Zerstörung der deutschen Städte nur erstaunlich wenige Spuren in der nationalen Literatur hinterlassen habe. War das Trauma so groß, dass man darüber nicht schreiben konnte? Das ist eine Erklärung. In die Mentalität der Deutschen hat sich der Luftkrieg aber ganz sicher eingeprägt, denn er war eine massiv einschneidende Erfahrung. Die Deutschen sind im wahrsten Sinne des Wortes gebrannte Kinder. Der Liedermacher Wolf Biermann äußerte einmal in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, er sei ein Kind mit grauen Haaren geblieben, das noch immer tief beeindruckt von den Bildern des Bombenangriffs auf Hamburg sei, den er als Sechsjähriger überlebt hatte. Und Jörg Fauser (Jahrgang 1944), der als Chronist der alten Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung gilt, schrieb in seiner 1979 erschienenen Erzählung „Alles wird gut“: „Wir sind eine Generation von Trümmerkindern, erst später hat man uns Computersilos und Zuckerfassaden auf die Trümmer gestellt, aber wir vergessen sie nicht. So groß kann unsere Liebe zu dieser Welt, die man uns vorgesetzt hat, niemals sein, daß wir uns nicht alle nach den alten Trümmern sehnen.“
![Bombenkrieg Dresden](https://aufgewacht-online.de/wp-content/uploads/2025/02/Beitragsbild-Dresden-1024x576.jpg)
Die Deutschen scheinen bis heute jedenfalls mehrheitlich auf der Seite derjenigen zu stehen, auf die die Bomben geworfen werden. Das war beim NATO-Überfall auf Jugoslawien 1999 so, das war bei den beiden Golfkriegen 1991 und 2003 so, und das war wohl selbst noch bei den Gaza-Bombardements im vergangenen Jahr so. „Nie wieder Bombenkrieg“ – das scheinen die Deutschen verinnerlicht zu haben. Die Erinnerung an die eigenen verbrannten Städte, an Dresden, Hamburg, Pforzheim, Kassel, Darmstadt, Halberstadt, Wesel, Köln, Königsberg, Düren, Swinemünde scheint zwar politisch tabuisiert zu sein, aber im kollektiven Unterbewusstsein der Deutschen weiterzuarbeiten. Der Erinnerung an den fürchterlichsten Angriff auf eine deutsche Stadt, der sich jemals zutrug, ist dieses Heft gewidmet.
Es grüßt Sie Ihr
■ Arne Schimmer
Redakteur des AUFGEWACHT-Magazins
Das ist das Editorial des druckfrischen AUFGEWACHT-Sonderhefts „Dresden 1945: Die Zerstörung von Elbflorenz“ über die Zerstörung der Stadt durch alliierte Bomberverbände. HIER bestellen!
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