Kositza

Ellen Kositza trifft Frank Franz: Die große TV-Debatte

Spannendes Aufeinandertreffen des „Heimat“-Vorsitzenden und der neurechten Ikone.

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Wie würde das wohl ausgehen? Im Youtube-Videoformat des „Heimat“-Parteivorsitzenden Frank Franz war die neurechte Vordenkerin und Sezession-Redakteurin Ellen Kositza zu Gast. Herausgekommen ist ein kurzweiliges und interessantes Gespräch, in dem es insbesondere um die Themen Altrechts und Neurechts ging.

Hier einige hervorstechende Zitate aus dem Gespräch:

FRANK FRANZ: „Mir ist das Gespräch sehr wichtig. Was ich vorweg sagen will: Es soll kein reines Interview werden, sondern wir wollen das so etwas als Gespräch führen. Was mir besonders wichtig ist, da ich im Vorfeld gelesen habe, dass es um das Thema Altrechts/Neurechts in diesem Gespräch sicherlich heftige Auseinandersetzungen geben wird. Meinerseits ist das jetzt hier nicht als Kräftemessen konzipiert, also dass wir uns jetzt hier in irgendeiner Art und Weise gegenseitig missionieren oder hier erklären, wer jetzt hier der bessere Rechte ist. Ich will das Gespräch vielmehr als eine Art Signal verstanden wissen, um zu zeigen, Rechte lassen sich vom politischen Gegner nicht diktieren, mit wem sie sprechen dürfen, sondern können das ganz gut selbst entscheiden.“

„Heimatverlust ist ein bedrohliches Thema“

ELLEN KOSITZA: „Als am Wochenende dann stark hintereinander drei Anrufe beziehungsweise E-Mails an meinen Mann eingingen, er möge doch seine Frau stoppen, da ging mir schon der Hut hoch, da hat man mich dann doch irgendwo auf dem falschen Fuß erwischt. So etwas mag ich überhaupt nicht. Wir sagen immer ,Wer Anstöße gibt, muss anstößig seinʽ und wir zitieren permanent diesen berühmten Spruch von Gottfried Benn, der – frei heraus – gesagt hat, sie können mich bezichtigen, Geschlechtsverkehr mit Stubenfliegen zu haben oder Kommandant von Auschwitz gewesen zu sein, ich werde dem nichts entgegnen. Und dann soll ich kuschen, weil ich mit jemandem ein Gespräch führe? Es stand überhaupt nicht zur Debatte, dass es Gesprächsverbote gibt. Gab es nie und wird es nie geben.“

Ellen Kositza. Foto: Verlag Antaios.

ELLEN KOSITZA: „Ich will vom Ziel her unser Land den Deutschen erhalten bleiben lassen – das war schon immer mein Motto gewesen. Ich bin Kind von zwei Schlesiern – also mein Papa ist Niederschlesier, meine Mutter war Oberschlesierin – und beide haben auf perfide Art ihre Heimat verloren. Und das ist die ganz große Erzählung, die mich seit Kindheit begleitet. (…) Heimatverlust ist für mich ein ganz bedrohliches Thema. Und dem nehme ich mich eben auch an.“

„Den NS komplett abschneiden“

ELLEN KOSITZA: „Von allem, was den Nationalsozialismus rehabilitieren, restaurieren oder auch nur augenzwinkernd mit ihm flirten will, dass man diese Sachen einfach komplett abschneidet. (…) Altrechts ist, wenn man den Nationalsozialismus als Bezugspunkt nimmt oder als Orientierungspunkt. Es ist eine Sackgasse, in jeder Hinsicht. Nicht nur strategisch, sondern auch existenziell. Wir verstehen uns als Anhänger der Konservativen Revolution. Das ist ein anderes Konzept, als es der NS war. Der NS war mythisch aufgeladen – das können wir nicht mehr bringen. Wir können keinen Mythos mehr reaktivieren, keinen sozialen Mythos, keinen von Rasse, keinen von Klasse. Da sind wir differenziert, ambivalent und multiperspektivisch, wie es eben die historische Konservative Revolution war.“

FRANK FRANZ: „Wir arbeiten schon auch hart daran, die Leute zu erziehen, dass ist aber nicht immer einfach. (…) Ich sehe tatsächlich auch meine Aufgabe darin, dass genau diese Leute nicht irgendwo versumpfen in diesen Sphären, aber das ist sehr schwierig. (…) Wir haben in den letzten Jahren sehr viel verändert in unserer Partei, unabhängig davon, welche Bilder jetzt über den Bildschirm flackern. Ich glaube, wenn man zu einer ganz normalen Kreisverbandsveranstaltung oder zu einer Landesverbandsveranstaltung von uns geht, die nicht übertragen wird, würdest Du das überhaupt nicht bemerken. Da sitzen einfach dieselben Leute, die auch in einer anderen Partei sitzen könnten. (…) Das Umfeld ist über viele Jahre hinweg in einer Art und Weise geprägt, dass Du das nicht einfach so umkrempeln kannst. Wenn Du von Anfang an einen Stil vorgibst, wo jeder weiß, da brauche ich gar nicht hingehen, wenn ich dem nicht entspreche, dann hast Du ja eine Vorgabe, die von Anfang an gilt. Ich bin halt in eine Szene reingekommen, die schon sehr heterogen war, die teilweise auch davon gelebt hat, dass sie mit vielen Subkulturen – ich sag mal Event-Rechten – zu tun hatte. Das kannst Du nicht gleich von jetzt auf gleich aufweichen. (…) “

„Der Erziehungsauftrag fehlt“

ELLEN KOSITZA: „Ich kann manches davon auch sehr anerkennen. Ich kriege immer die Deutsche Stimme, die lese ich jede Ausgabe und finde daran nichts Schlechtes. Und das weißt Du vermutlich selbst, wer den WAHL-O-MAT macht und rechts ist, der kriegt als Ergebnis meistens doch Die Heimat angezeigt und nicht die AfD. Nolens volens – ich weiß nicht, wo da der Schalter sitzt, der das bestimmt. Oder ich habe mir jetzt das Buch von Deinem Kollegen oder Freund Frank Kraemer angefordert, dieses ,Kriegerphilosophie oder Sklavenmoralʽ oder wie es heißt. (…) Da hatte ich mir gedacht, der Titel ist doch schon wieder so altrechts, als hätte man nie irgendetwas begriffen und habe dann das Buch gelesen und fand es gut. In der Außendarstellung dahin macht ihr nicht viel falsch. Aber mit dem Erziehungsauftrag – bei uns läuft das irgendwie anders. (…) Wir gehen davon aus, dass etwa 500 junge Leute von uns davon abgehalten wurden, auf den falschen Weg, nämlich den altrechten Weg zu kommen. Und zwar durch drastische Ansprachen. Hier sind Leute auch rausgeflogen, die es uns bis heute auch nicht verzeihen.“

Die Debatte um die Begriffe „Alte Rechte“ und „Neue Rechte“ nahm große Teile des Gesprächs ein. Kositza ließ es nicht an deutlichen Worten über eine notwendige Abgrenzung zum Nationalsozialismus fehlen. Aber: Viele Mitglieder der „Heimat“ und ihr Umfeld werden sich kaum angesprochen gefühlt haben. Die Partei hat sich schon seit langem thematisch weiterentwickelt.

Alte Rechte – Neue Rechte

Vor einigen Jahren nahmen viele Funktionäre und Mitglieder beispielsweise an Corona-massnahmenkritischen Spaziergängen und Demonstrationen teil. Es ging gegen einen übergriffigen Staat, man ging hier also aus liberalen und freiheitlichen – nicht aus neo-nationalsozialistischen – Motiven auf die Straße. Heute beteiligen sich viele Mitglieder der Partei an Anti-Kriegsdemonstrationen und eine Mehrheit der Partei dürfte eher pro-russisch eingestellt sein. Auch dies ein denkbar scharfer Bruch mit dem historischen Nationalsozialismus insbesondere in der Form des Hitlerismus, der auf die Gewinnung von „Lebensraum im Osten“ abzielte.

Frank Franz, Parteivorsitzender von Die Heimat. Quelle: Die Heimat.

Andere arbeiten mit den Freien Sachsen zusammen oder sind dort sogar Mitglied – also in einer autonomistischen bis sezessionistischen Partei. Auch dies ein diametraler Gegensatz zum Nationalsozialismus, der auf allen Ebenen nach dem Führerprinzip funktionierte und straff zentralistisch ausgerichtet war. Selbst im zweiten NPD-Verbotsverfahren, das 2013 eingeleitet wurde, gingen die Karlsruher Richter praktisch überhaupt nicht auf den von den Antragstellern erhobenen Vorwurf der angeblichen „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ ein, worauf auch Horst Meier und Claus Leggewie in ihrer 2017 erschienenen Studie „Das zweite Verbotsverfahren gegen die NPD : Analyse, Prozessreportage, Urteilskritik“ hinwiesen.

Der Grund dafür war wohl, dass den Richtern das von den Antragstellern vorgelegte Material in diesem Punkt als viel zu dünn erschienen war. Beim ersten, im Jahr 2001 eingeleiteten NPD-Verbotsverfahren, hatte der Vorwurf der „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ noch eine immens große Rolle gespielt.

Faktische inhaltliche Kongruenz

Beim zweiten NPD-Verbotsverfahren, das 2017 endete, ging es praktisch nur noch um den Vorwurf, dass die Partei einen „ethnischen Volksbegriff“ verwenden würde. Genau dieser „ethnische Volksbegriff“ ist derzeit aber der Strick, an dem das gesamte patriotische Lager aufgehängt wird – von nationalrevolutionären Gruppen über praktisch alle neurechten Organisationen und Periodika bis hin zur AfD.

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Auch bei der Einstufung des mittlerweile aufgelösten „Institut für Staatspolitik“ als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt ging es natürlich wieder um den „ethnischen Volksbegriff“, wie auch der Philosoph Mathias Brodkorb in seiner in diesem Jahr erschienenen Studie „Gesinnungspolizei im Rechtsstaat?: Der Verfassungsschutz als Erfüllungsgehilfe der Politik. Sechs Fallstudien“ nachwies.

Das zeigt, dass es auf inhaltlicher Ebene längst eine starke Kongruenz zwischen neurechten und vermeintlich altrechten Gruppen gibt. Die Debatte zwischen Ellen Kositza und Frank Franz war jedenfalls ein guter Anlass, um sich über solche Fragen Gedanken zu machen und ist unbedingt sehenswert.

■ Arne Schimmer

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