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Julian Reichelt, Chefredakteur des liberalkonservativen Portals NIUS, hat vor einigen Tagen in dem neuen NIUS-Format „Rohschnitt, Let’s Talk“ mit einer Aussage für Aufsehen gesorgt, die in ihrer Radikalität kaum zu überbieten ist:
„Halte ich es für legitim, dass meine Großeltern aus den deutschen Ostgebieten vertrieben worden sind? Oh ja! Weil sie Juden vergast haben. Weil sie sich einem Regime angeschlossen haben, das Juden vergast hat, halte ich die Bombardierung deutscher Städte für legitim im Zweiten Weltkrieg.“
Diese Sätze sind nicht einfach nur eine Provokation – sie sind historisch falsch, moralisch verheerend und politisch brandgefährlich. Sie verdienen stärksten Widerspruch aus dem gesamten rechten Lager. Festzustellen ist, dass Reichelt hier die Kollektivschuldthese in Reinform reproduziert – nur in ihrer brutalsten, undifferenziertesten Variante. Seine Großeltern (und damit implizit alle Deutschen der Kriegsgeneration) werden pauschal zu Komplizen eines Völkermords gemacht. Das Problem: Die überwältigende Mehrheit der Deutschen hat weder Juden „vergast“ noch aktiv an Verbrechen mitgewirkt. Selbst die Mitgliedschaft in der NSDAP (ca. 8,5 Millionen im Jahr 1945) sagt wenig über individuelle Schuld aus – auch hier gab es schließlich Mitläufer, Karrieristen und überzeugte Mitglieder. Der sudetendeutsche Bauer, der schlesische Arbeiter oder die pommersche Lehrerin waren in den allermeisten Fällen keine Täter, sondern selbst Opfer einer zu spät erfolgten Evakuierung der Ostgebiete und der bis in die letzten Kriegsmonate anhaltenden Proritätensetzung Hitlers für eine privilegierte Bereitstellung militärischer Ressourcen für die Westfront.
Antideutscher Quatsch mit Soße
Reichelt jedoch kennt keine Grautöne: Wer Deutscher war, trägt Schuld. Das ist absurd undifferenziertes Antideutschtum von rechts und nicht besser, als wenn irgendwelche Antifas am 13. Februar in Dresden ihr „Bomber-Harris, do it again“ skandieren oder sich diese Latrinenparole auf die nackten Brüste schmieren. Beide könnten sich den Leitspruch „Meine Ehre heißt Reue“ (Titel einer Studie des Instituts für Staatspolitik aus dem Jahr 2007) aufs Panier schreiben.
Ebenso problematisch ist die direkte Kausalität, die Reichelt zwischen „Juden vergast haben“ und der Vertreibung von 12–14 Millionen Deutschen sowie dem Tod von Hundertausenden Zivilisten bei alliierten Bombenangriffen herstellt. Das ist nichts anderes als die nachträgliche Rechtfertigung von Kriegsverbrechen und Völkerrechtsbruch: Die Flächenbombardements auf Dresden, Hamburg, Pforzheim, Darmstadt, Kassel und auf Hunderte von anderen deutschen Städten und Gemeinden richteten sich bewusst gegen die Zivilbevölkerung und hatten keinen entscheidenden militärischen Nutzen mehr (besonders ab 1944/45).

Die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten erfolgte unter brutalen Bedingungen (Vergewaltigungen, Massaker, Tod durch Hunger und Kälte, Massendeportationen in die Sowjetunion) und verstieß gegen die Haager Landkriegsordnung sowie spätere völkerrechtliche Standards.
„Kein vergleichbarer Vorgang in historischer Zeit“
Der Historiker Karlheinz Weißmann stellte dazu in seinem Buch „Die Besiegten: die Deutschen in der Stunde des Zusammenbruchs“ fest (wer mehr über die Dimensionen der Vertreibung erfahren will, kann zu unserem Sonderheft greifen):
„Die Angaben über die Zahl der Opfer schwanken naturgemäß. Bis in die achtziger Jahre wurde versucht, eine möglichst kleine Ziffer durchzusetzen, aber es hat sich die Auffassung behauptet, dass von den 15 Millionen Vertriebenen etwa 2,5 bis 3 Millionen umgekommen sind. Diese Ziffern sind für sich genommen schon ungeheuerlich. Einen vergleichbaren Vorgang hat es in historischer Zeit niemals gegeben.“
Nun zum Thema der Flächenbombardierungen deutscher Städte, die von Reichelt ebenfalls schon verteidigt wurde. Selbst Winston Churchill, einer der Hauptverantwortlichen für die Bombardierungspolitik, distanzierte sich später von der „Terrorbombardierung“. Reichelt jedoch feiert sie als gerechte Strafe – eine Haltung, die in ihrer Logik auch die Bombardierung Tel Avivs durch Hamas-Raketen legitimieren könnte: „Sie haben es ja verdient.“ Fast immer sind es reine Machtfragen, die am Ende darüber entscheiden, wer es „verdient“ hat, Opfer eines Verbrechens zu werden. Reichelt scheint der Auffassung zu sein, dass jedes Land, dass sich dem westlichen Zivilisationsmodell entgegenstellt, jede erdenkliche Kollektivstrafe verdient hat. Damit verfehlt er natürlich auch krachend den Kern der Idee der Menschenrechte, die nun einmal für alle gelten, nicht nur für sich als „westlich“ definierende Staaten und Bündnisse.

Einer der renommiertesten Luftkriegshistoriker, nämlich Horst Boog, hat sich schon tiefsinnige Gedanken über die Luftkriegsführung der West-Allierten im Zweiten Weltkrieg gemacht. Er hat die These aufgestellt, dass aus der Kolonialkriegserfahrung der Royal Air Force heraus eine bestimmte Mentalität entstanden sei, die sich möglicherweise auf den Bombenkrieg gegen Deutschland übertragen habe. Wenn das so zutreffen sollte, dann hätte man den Luftkrieg gegen das Reich in London als eine Art Strafexpedition verstanden, um die unbotmäßigen Eingeborenen zur Räson zu bringen und sie durch gezielte Grausamkeit zu erziehen. Auch Reichelt scheint nicht weit von der These entfernt zu sein, dass eine unbeschränkte Luftkriegsführung gegen jeden legitim ist, der sich gegen die „westliche Wertegemeinschaft“ stellt.
Zweite Opferung der Opfer
Reichelts Großeltern stammen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Indem er ihre Vertreibung als „legitim“ bezeichnet, inszeniert er sich als der bessere, geläuterte Deutsche – derjenige, der endlich die „richtige“ Haltung zur eigenen Geschichte gefunden hat. Das ist keine ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern moralische Selbstgeißelung als Markenzeichen. Es ist der Versuch, sich durch besonders laute Schuldübernahme von den vermeintlichen Schmuddelkindern im eigenen Lager abzugrenzen. Die Opfer (darunter seine eigenen Vorfahren) werden dafür ein zweites Mal geopfert.

Wer wie Reichelt Kriegsverbrechen und Vertreibung als „legitim“ einstuft, öffnet außerdem die Tür für gefährliche Relativierungen: Warum dann die Empörung über angebliche russische Kriegsverbrechen oder Verbrechen an Israelis? Entweder die Menschenrechte gelten – oder sie gelten eben nicht.
Personen wie Julian Reichelt werden nie in der Lage sein, Deutschland aus der Krise zu führen. Eine Gesellschaft, die ihre eigenen Toten und Vertriebenen derart verachtet, hat nicht nur ein Problem mit ihrer Vergangenheit – sie hat vor allem ein eminentes Problem mit ihrer Zukunft. Denn ohne ein Mindestmaß an Achtung und auch Liebe zu den eigenen Wurzeln und zur eigenen Geschichte bleibt bloß der Selbstmord. Wer bereit ist, die eigenen Großeltern für „legitim“ geopfert zu erklären, der kann nicht das Feld für einen neuen, kraftvollen Neubeginn bereiten.
■ Arne Schimmer
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