Hisbollah Nasrallah
Hisbollah-Kämpfer während einer Zeremonie. Quelle: By Khamenei.ir, CC BY 4.0

Nasrallah-Tod: Streichholz ins Pulverfass

Nach dem Tod des Anführers der Hisbollah: Flächenbrand und Flüchtlingsstrom?

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Nach einer großen Explosion in einem dicht besiedelten Teil der libanesischen Hauptstadt Beirut am frühen Freitag Abend hat das israelische Militär erklärt, das Hauptquartier der Hisbollah-Partei bombardiert zu haben. Ersten Berichten zufolge wurden mehrere Gebäude zerstört.

Offizielles Ziel des schweren Luftangriffs seien führende Kader der Organisation gewesen, inklusive Generalsekretär Hassan Nasrallah, wie der britische Sende BBC zunächst unter Verweis auf israelische Quellen berichtete. Das libanesische Fernsehen zeigte Aufnahmen von Rauchwolken, die an mehreren Orten aufstiegen, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Nach Angaben einer der Hisbollah nahestehenden Quelle wurden demnach sechs Häuser im Süden von Beirut komplett zerstört.

Die Ruhe vor dem Sturm

Mittlerweile hat die Hisbollah den Tod ihres langjährigen Anführers bestätigt. Es ist sicherlich nicht übertrieben, von einer Zäsur zu sprechen und es ist durchaus verwunderlich, dass diese brisante Nachricht in den deutschen Medien bislang nur verhältnismäßig zurückhaltend verbreitet wurde.

Nach dem Tod von Anführer Abbas al-Mussawi, den Israel 1992 tötete, wurde er zu dessen Nachfolger als Generalsekretär gewählt. Als großen Triumph der Hisbollah empfand er den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon im Jahr 2000 und den ihrer Beschreibung nach „göttlichen Sieg“ nach Ende des Krieges 2006. Es dürfte in der Ära nach dem Mauerfall im Geflecht der internationalen Politik nur sehr wenige andere Politiker geben, die wie Nasrallah über mehr als drei Jahrzehnte ihre Machtposition über einen so langen Zeitraum hinweg unangefochten behaupten konnten.

Wie vor dem Ersten Weltkrieg

Deshalb erschüttert Nasrallahs Tod das Machtgeflecht in der gesamten Region, in der viele relevanten Mächte eine sehr handfeste und nicht selten auch militärisch unterfütterte Machtpolitik jenseits der eigenen Grenzen betreiben. Dazu zählen nicht nur der Iran oder die Huthi-Milizen, die in westlichen Medien oft gescholten werden, sondern selbstverständlich auch Israel, Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Aserbaidschan, die Türkei und selbst das winzige, aber ungeheuer finanzstarke Emirat Katar am Persischen Golf.

In ihrer fast unüberschaubaren Komplexität erinnern diese verschlungenen Beziehungen an das fragile Mächtesystem in Europa in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Wird ein solches Mächtesystem nachhaltig erschüttert – wie nun durch den Tod Nasrallahs – kann dies also fürchterliche Folgen haben.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu scheint voll darauf zu setzen, dass die neue iranische Regierung unter Präsident Massud Peseschkian zu sehr mit Wirtschaftsproblemen beschäftigt ist, um einen Gegenschlag zu wagen. Sollte sich Netanjahu getäuscht haben, dann stehen dem Westen turbulente Wochen und Monate bis Weihnachten bevor.

■ Kurt Koriath

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