Der Dekabristenaufstand in St. Petersburg. Gemälde von Georg Wilhelm Timms aus dem Jahr 1853. Foto: Von Georg Wilhelm Timm - Thesupermat, Gemeinfrei,.

Russland: 200 Jahre Dekabristenaufstand

Als ein Deutscher den Zaren stürzen wollte

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Ein knappes Jahrhundert vor der systemsprengenden Einwirkung auf die Geschicke Russlands durch die Deutschen in Gestalt von Karl Marx und Friedrich Engels im Gepäck von Wladimir Lenin, den die Oberste Heeresleitung unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff sowie das Auswärtige Amt unter Arthur Zimmermann aus der Schweiz nach Petrograd einschleusten, hatte es 1825 ein anderer Deutscher in der Hand, diese Wirkung zu entfalten. Die Rede ist von Paul Pestel, einem Oberst der russischen Armee deutscher Abstammung, der zu den fünf führenden Köpfen des Dekabristenaufstands gehörte.

Die brisante Vieldeutigkeit der Revolte spiegelt sich in der ostentativen Nicht-Begehung des runden Datums durch die gegenwärtige Kremladministration wider, während man sie in der Sowjetunion überwiegend positiv als Vorläuferin der Revolutionen von 1905 und 1917 feierte. Vor allem Stalin machte die Aufständischen ungeachtet ihrer unpassenden Klassenzugehörigkeit zu nationalen Helden der Befreiung. 2025 wurden in Russland dem Jubiläum einige wissenschaftliche Tagungen und Theaterprojekte gewidmet, aber von Putin hörte man nichts.

Was passierte damals? Die siegreiche Niederringung des völkermordenden Korsen und die damit verbundene Reisetätigkeit in den Westen infizierte viele Offiziere mit dem Virus des Liberalismus. Als Zar Alexander I. am 1. Dezember 1825 starb und ein vorübergehendes Machtvakuum hinterließ – sein Bruder Nikolaus wollte erst dem anderen Bruder Konstantin den Vortritt lassen – sahen die später nach dem Monat der Revolte Dekabristen Genannten ihre Stunde gekommen. Sie verweigerten am 26. Dezember 1825 (nach gregorianischem Kalender) in Sankt Petersburg den Eid auf den neuen Zaren Nikolaus I. und bekundeten damit ihren Protest gegen das Zarentum, gegen Leibeigenschaft, Polizeiwillkür und Zensur. Nach einem kurzen Scharmützel wurde die Revolte noch am selben Tag niedergeschlagen. Ihre Anführer wurden später gehängt. Rund 600 Menschen wurden nach Sibirien verbannt und zu Zwangsarbeit verurteilt. Dort stehen sie – und vor allem zwölf treue Ehefrauen – noch heute in hohem Ansehen, weil sie Kultur und Bildung in die Region brachten.

Norden gegen Süden

Da die Dekabristen sich seit 1814 vor allem in Geheimbünden austauschten und so über zehn Jahre Zeit hatten, eine Vielfalt unterschiedlicher Konzepte für den Fall der Machtübernahme auszubilden, ist sich die Forschung heute nicht einig, was im Falle des Erfolges eigentlich passiert wäre. Ähnlich wie später im amerikanischen Bürgerkrieg von 1866 standen sich vor allem Konzepte aus dem Süden und dem Norden gegenüber. Die Bünde aus dem Süden, von Paul Pestel angeführt, wollten eine Republik, die aus dem Norden eher eine gemäßigte Monarchie. Die Geheimbünde waren vor allem freimaurerischer Natur. Der Kenner der Hintergrundpolitik wird hier hellhörig: Der Rauch der freimaurerischen Revolutionen von Frankreich und den USA lag noch in der Luft. Sollte also Russland an die Reihe kommen in der Agenda auf dem Weg zum Ende der Geschichte: Monarchie abschaffen, Religion zurückdrängen, das republikanische Prinzip etablieren? Andererseits erstaunt es nicht, dass es gerade der Kontrast des rückständigen Russlands zum Westen war, der die Adeligen inspirierte, im radikalen Umsturz die Rettung zu sehen. Entsprechend hieß eine Loge auch „Bund der Rettung.“

Paul Pestel, 1813, Kopie einer Zeichnung seiner Mutter, Allrussisches Puschkin-Museum, Bild: Wikipedia, Gemeinfrei.

Wer war dieser Pestel? Er stammte aus einer deutschen Familie, die sich Ende des 17. Jahrhunderts in Russland niederließ. Im Alter von zwölf Jahren wurde Pestel zum Studium nach Hamburg und Dresden geschickt. Dort absolvierte er innerhalb von vier Jahren, von 1805 bis 1809, den gesamten Gymnasialunterricht. Früh zeigte er außergewöhnliche Intelligenz, gesunden Menschenverstand, hervorragende Fähigkeiten und Fleiß. Ab 1810 studierte er am St. Petersburger Pagenkorps. Anschließend wurde er zum Fähnrich ernannt. Sein Geburtsjahr 1793 prädestinierte ihn zur Teilnahme an vielen wichtigen Schlachten der kommenden Jahre.

So focht er in den Feldzügen von 1813-1814 die Schlachten von Pirna, Dresden, Kulm und Leipzig. 1812 trat Pestel seiner ersten Freimaurerloge bei, der zahlreiche folgten. 1821 übernahm er die Leitung der „Südlichen Geheimgesellschaft“. Dank seines Intellekts, seines umfassenden Wissens und seiner Redegewandtheit stieg Pestel rasch an die Spitze der Bewegung auf. Seine Ansichten sind in der von ihm verfassten „Russische Wahrheit“ nachzulesen. Dieses im republikanischen Geiste geschriebene Werk kann als Hauptausdruck der Ideen der Geheimgesellschaft gelten. Die Pläne zur sozialen und politischen Neuordnung der Gesellschaft sahen vor allem die Abschaffung des Klassensystems und dessen Ersetzung durch die verpflichtende Gleichheit aller Bürger vor. Pestel hält es für notwendig, „auch nur den Hauch einer aristokratischen Ordnung, sei sie feudal oder auf Reichtum beruhend, vollständig zu beseitigen“.

Zar Nikolaus I.: Beginn einer Ära

Daher die Verurteilung der Leibeigenschaft, die „den Naturgesetzen widerspricht“, und sein abschließender Appell an den Adel, „für immer auf den niederträchtigen Vorteil des Besitzes anderer Menschen zu verzichten“. Auch die Ermordung der Zarenfamilie war geplant. Darüber hinaus wollte er, dass niemand „unrechtmäßig von der Teilhabe an den Staatsgeschäften ausgeschlossen“ werde. Die gesamte Armee sollte aufgelöst werden zugunsten einer Volksmilz im Falle eines „großen Krieges“; der Besitz von Waffen sollte verboten werden. Die ersten 15 Jahre werde das Land unter einer Diktatur leben, erst danach würden Parlamentswahlen abgehalten; die gesamte nichtorthodoxe Bevölkerung wäre verpflichtet, die Orthodoxie anzunehmen und Teil des russischen Volkes zu werden; zu diesem Zweck sollten „wilde“ Völker „befriedet“ werden; Juden, die sich nicht taufen lassen wollten, sollten massenhaft nach Palästina deportiert werden.

Aktion gilt nur noch bis heute um Mitternacht.

Der Schriftsteller Nikolaj Turgenjew nannte die Ideen „sozialistische Theorien“.

Pestel wurde wie Jesus nur 33 Jahre alt. Der Kurzlebigkeit seiner radikalen Absichten stand die Langlebigkeit des neuen Zaren entgegen. Zar Nikolaus I. herrschte nach 1825 noch 30 Jahre. Überliefert sind seine Worte nach dem Aufstand:

„Nicht von frechen Träumen her, die immer zerstörerische Wirkung haben, sondern von oben werden die vaterländischen Einrichtungen allmählich vervollkomnet, werden Mängel beseitigt und Missbräuche abgeschafft. Gemäß dieser allmählichen Vervollkomnung werden wir jedes maßvolle Streben nach Besserung, jeden Gedanken an eine Festigung der Gesetzeskraft, an eine Erweiterung wahrhafter Bildung und Betriebsamkeit, sofern er auf dem allen offenstehenden gesetzlichen Wege an uns herangetragen wird, stets mit Wohlwollen annehmen. Denn wir haben keinen und können keinen anderen Wunsch haben, als unser Vaterland auf der höchsten Stufe des Glückes und des Ruhmes zu sehen, die ihm die Vorsehung auserkoren hat.“

 Jochen Stappenbeck

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