Atompilz über der japanischen Stadt Nagasaki am 9. August 1945 kurz nach dem Abwurf der Atombombe. Foto: Von Hiromichi Matsuda (松田 弘道, 1900-1969)[2] - Мир вокруг нас через объектив, originally (The atomic bomb mushroom cloud over Nagasaki on August 9, 1945 in the Nagasaki Atomic Bomb Museum.), Gemeinfrei.

Schwarzer Regen über Japan

Vor 80 Jahren verglühten Hiroshima und Nagasaki bei US-Atombombenabwürfen.

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Im niedersächsischen Kirchhorst, wo Ernst Jünger den unmittelbaren Nachkrieg erlebte, schrieb er am 10. August 1945 in sein Tagebuch: „Ein Untergang von einem Umfang, wie er bisher nur durch kosmische Katastrophen möglich schien.“ In den ersten Tagen nach dem erstmaligen Einsatz von nuklearen Waffen in der Menschheitsgeschichte gab es weltweit ein Rätselraten darüber, was sich wirklich im Reich der aufgehenden Sonne ereignet hatte. Viele wollten einfach nicht glauben, dass die tödliche Fracht nur eines einzigen Flugzeugs ausgereicht haben sollte, um die japanischen Großstädte Hiroshima und Nagasaki zu 90 Prozent zu zerstören.

Doch so war es gewesen. Am 6. August 1945 hatte der B-29-Bomber „Enola Gay“ kurz nach 8 Uhr Ortszeit eine Atombombe, der man dem Namen „Little Boy“ verpasst hatte, über Hiroshima ausgeklinkt. Zum Vergleich: Alleine am Aschermittwoch dieses Schreckensjahres waren knapp sechs Monate zuvor 311 Maschinen dieser „Fliegenden Festungen“ über Dresden im Einsatz gewesen, um dort ihr Zerstörungswerk zu verrichten.

Als „Little Boy“ um 8 Uhr 16 Ortszeit in rund 600 Metern Höhe über Hiroshima explodierte, brach ein unbeschreibliches Inferno los. In nicht einmal einer halben Sekunde verursachten Hitzestrahlen von über 3.000 Grad Celsius bei den Opfern im Umkreis von 3,2 Kilometern Verbrennungen dritten Grades. Zwischen 80.000 und 140.000 Einwohner der Stadt waren sofort tot. Die Überlebenden hatten dabei häufig das schlechtere Los gezogen. Bei einigen von ihnen waren die Gesichter fast vollständig weggebrannt und nur 28 von 290 Ärztenin der Stadt waren überhaupt noch einsatzfähig.

Der Physiker Robert Oppenheimer, der als wissenschaftlicher Leiter das auf den Namen „Manhattan-Projekt“ getaufte Atomwaffenprogramm geleitet hatte, war am Abend des 6. August hingegen in glänzender Laune und rief vor jubelnden Wissenschaftlern aus: „Schade nur, dass die Bombe nicht rechtzeitig für Deutschland fertig wurde.“ US-Präsident Harry S. Truman wiederum machte sich über Kritiker der Atombombenabwürfe lustig. Historiker haben mittlerweile in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass es dem Herrn im Weißen Haus aber eben nicht um die Vermeidung von 500.000 toten US-Soldaten im Falle einer Invasion der japanischen Hauptinsel ging, sondern nur darum, seinen Widersacher Stalin in dem sich abzeichnenden Kalten Krieg zu beeindrucken.

Tokio hatte im Sommer 1945 nämlich schon längst Friedensfühler ausgestreckt und dabei nur die Bedingung gestellt, dass das Kaiserhaus im Falle eines Waffenstillstands nicht angetastet werden dürfe. Vollends bar jeder auch nur ansatzweise nachvollziehbaren Begründung warf die US-Luftwaffe dann am 9. August 1945 eine zweite Atombombe über der Stadt Nagasaki ab, die nochmals bis zu 75.000 Menschen tötete.

Nach der atomaren Explosion ging schwarzer, schmierig-öliger Regen auf Hiroshima und Nagasaki nieder. Er entstand bei der Abkühlung des Feuerballs, als Wasser um die radioaktiven Partikel herum kondensierte. Das radioaktive Wasser blieb an der Haut und der Kleidung der Opfer kleben. Während in Deutschland die Zahl der Bombenopfer permanent heruntergerechnet und das Erinnern an die zerstörten Städte kriminalisiert wird, ist ein solch schäbiger Umgang mit den Opfern in Japan schlicht undenkbar. Wenn es dem japanischen Ministerpräsidenten möglich ist, dann besucht er die Gedenkveranstaltungen in beiden Städten, die regelmäßig weltweite Aufmerksamkeit erregen. Bis heute erhalten die „Hibakusha“, also die Überlebenden der Atombombenabwürfe, im Reich der aufgehenden Sonne freie medizinische Versorgung und eine Opferrente.

An jedem Jahrestag werden in beiden Städten die im vergangenen Jahr verstorbenen „Hibakusha“ in einem Buch nachgetragen, in dem die Namen aller Opfer verzeichnet sind. In den Atombombenschreinen von Hiroshima wurden laut einem Bericht der Zeitung „Welt“ aus dem Jahr 2015 am 6. August 2014 292.325 Namen verzeichnet; in Nagasaki am 9. August 165.405. Ein japanischer Politiker, der das Opfergedenken in den Dreck ziehen würde, könnte seine Karriere direkt an den Nagel hängen. Auch mit der Friedensmission, die den Japanern durch die Atombombenabwürfe nach eigener Auffassung aufgetragen wurde, nimmt man es sehr ernst: Im vergangenen Jahr wurde der israelische Botschafter wegen der Gaza-Bombardierungen seines Landes explizit nicht zur Gedenkfeier in Nagasaki eingeladen.

 Arne Schimmer

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