[:SITD:] beim Wave-Gotik-Treffen 2025 in der Leipziger agra-Halle. Foto: Privat.

[:SITD:]: Audiovisuelle Stahlgewitter in der agra

Aggrotech-Kombo aus dem Ruhrpott begeisterte Konzertbesucher.

Die Vorgeschichte des Wave-Gotik-Treffens reicht bis in die Spätzeit der DDR zurück. Ende der 1980er Jahre bildete sich in Leipzig eine lose Szene junger Leute, die sich, in Anlehnung an die damals im Westen bereits etablierte Wave- und Gothic-Subkultur, schwarz kleideten, die Haare toupierten, Musik von Gruppen wie Depeche Mode oder The Cure hörten. Einen ausführlichen Artikel über den Punk- und Gothic-Untergrund der DDR finden Sie in unserem Sonderheft „Die DDR: Geschichte eines anderen Deutschlands“. HIER bestellen!

Am gestrigenNachmittag verwandelte sich die Leipziger agra-Halle einmal mehr von einem nüchternen, zu DDR-Zeiten erbauten Zweckgebäude in einen pulsierenden Organismus aus Licht, Klang und Rhythmus. Draußen senkte sich ein friedlicher und etwas zu kühler Pfingstabend über Leipzig, doch drinnen herrschte eine andere Zeitrechnung: Nacht war hier kein Zustand, sondern ein Bekenntnis.

Die Bands erscheinen im Blitzlicht der Stroboskope wie Schattenrisse. Kaum Gesichter, nur Umrisse. Am gestrigen Abend spielten hier zwei der bekanntesten deutschen Bands aus den Bereichen Dark Electro und Aggrotech, nämlich [:SITD:] (die Abkürzung steht für „Shadows in the dark, wobei der Bandname mit Klammern und Punkten verziert wird) und Funker Vogt.

[:SITD:]: Vom Geheimtipp zur international bekannten Band

1996 gewannen [:SITD:] den „Rock Around Bochum“ Contest und bekamen dadurch die Möglichkeit, das Stück „Trauerland“ für die CD „Rock Around Bochum“ einzuspielen. Schnell gewinnen [:SITD:] damals Kultstatus in der noch jungen Aggrotech-Szene. Die Lieder „Trauerland“, „Atomic“ und „Snuff Machinery“, die sie in Eigenproduktion in geringer Stückzahl herstellen, verbreiten sich auf den Tanzflächen der entsprechenden Clubs wie ein Lauffeuer. 2001 dann der Durchbruch: [:SITD:] unterstützen bei einer Tournee die Szenegrößen von VNV-Nation und unterschreiben bei Accession-Records einen Plattenvertrag. Nun veröffentlichen sie die „Snuff E.P.“, auf welcher sich nur drei Stücke befinden. Mit dieser Platte sind sie drei Wochen lang auf Platz 1 in den Deutschen Alternative-Charts und haben dadurch auch Erfolg im Ausland. „Snuff Machinery“ dürfte bis heute einer der meistgespielten Titel im Aggrotech-Bereich sein.

Auch am gestrigen Abend bringen [:SITD:] die agra-Halle zum Kochen. Leider spielen sie gestern Abend nicht ihr fantastisches Stück „Herbsterwachen“, das bestens zur musikalischen Untermalung jeder Querdenker-Demo geeignet wäre.

Affäre um Sacha Korn

Auf [:SITD:] folgt mit Funker Vogt dann eine weitere, international bekannte deutsche Dark Electro Band. Funker Vogt bringen auf der Bühne wie immer auch maximalen körperlichen Einsatz und spielen ihr neues Lied „Pommernland“. 2014 sorgten Funker Vogt für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie den patriotischen Musiker Sacha Korn, der dort unter dem Pseudonym „Sick Man“ agierte, als neuen Sänger verpflichtet hatten. Der Aufschrei war so groß, dass die Band schließlich einknickte und sich wieder von Korn trennte.

Funker Vogt beim Wave-Gotik-Treffen 2025 in Leipzig. Foto: Privat.

Für einen offen patriotischen Musiker ist die Szene offenbar noch nicht reif, obwohl die einzelnen Gruppen  mit teilweise martialischen Sprachsamples (so beispielsweise [:SITD:] in ihrem Song „Lebensborn“) wohl durchaus auch auf ein rechtes Publikum schielen. Gestern spielte bei den Konzerten Politik keine Rolle, die WGT-Besucher genossen einfach die audiovisuellen Stahlgewitter, die auf sie niedergingen.

Einen Bericht vom ersten Tag des Wave-Gotik-Treffens lesen Sie hier.

Kurt Koriath

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