BRD-Diktatur: Gesichert linksextrem! Dieses Heft könnte brandaktueller kaum sein. In dem Heft finden sich Artikel zum anstehenden Prozess gegen COMPACT vor dem Bundesverwaltungsgericht, zum Verbot des „Königreich Deutschland“ (KRD), zur Verfassungsschutz-Beobachtung der AfD sowie Interviews mit dem COMPACT-TV-Chef Paul Klemm und dem Bayernpartei-Ehrenvorsitzenden Andreas Settele. HIER bestellen!
Wir haben Anfang Juni und scheinen uns dennoch schon im Sommerloch zu befinden. Diesen Eindruck könnte man zumindest gewinnen, wenn man einen Blick auf die Social-Media-Kanäle von Martin Sellner wirft. Der patriotische Aktivist aus Wien, der als Autor, Medienmacher, Influencer und Organisator Großartiges leistet, kommt hier nämlich leider auf eines seiner schon hundertfach durchgekauten Steckenpferde zurück, bei dem er regelmäßig falsch liegt – nämlich die seines Erachtens unbedingt notwendige Trennung von Alten und Neuen Rechten. Die Thesen von Martin Sellner kann man sich als Audiodatei hier anhören.
Der neurechte Vordenker spitzt seine Thesen zur Alten Rechten sogar nochmals zu und wirft ihr vor, ihre Anhänger zu Militanz und letztlich Terrorismus zu verleiten. Doch auch innerhalb des neurechten Spektrums regt sich nun Widerstand gegen eine derartig pauschale Abrechnung.
Klischees und Strohmänner
Der neurechte Autor Raphael Mayrhofer äußert sich auf seinem Telegram- und X-Kanal zu Sellners Thesen und schreibt:
Der aktuelle Neuaufguss „altrechts vs. neurechts“ ist denkbar nutzlos. Nur drei Gründe.
1. Keine klaren Grenzen: Weil es keine festen Definitionen und keine in sich geschlossene „neurechte Weltanschauung“ gibt. „Neurechts“ ist immer noch ein Sammlungsbegriff für eine heterogene Strömung, welche primär der Ansatz „eint“, nicht „altrechts“ zu sein, ohne „altrechts“ jedoch genau zu umreißen oder gar umreißen zu können.
2. Strategie, nicht Inhalt: Weil viele – gerade jüngere – „Neurechte“ neurechts primär als strategischen Ansatz und nicht als als inhaltliche Distanzierung von einer vermeintlichen „Altrechten“ begreifen. Umgekehrt: weil auch vermeintliche „Altrechte“ bewusst neue strategische Wege einschlagen. Umso mehr verschwimmen gewünschte Grenzlinien immer mehr. Es kommt zu Zwischenformen und einer erneuten – auch inhaltlichen – Annäherung. Gerade digital. Stichwort: Nationalstolz, deutsche Geschichte, Schuldkult, Mythologie, Russland und Ukraine, Rasse und Biologie, Israel, Boomer…
3. Klischees als Strohmann: Weil diverse Vertreter der Neurechten so tun, als wäre das primäre Charakteristikum der „Altrechten“ ihre Asozialität sowie ihre subkulturelle Selbstdarstellung. Kriterien, die ebenso – wenn nicht stärker – bereits von Altrechten kritisiert wurden und werden. Man muss demnach nicht „neurechts“ sein, um festzustellen, dass uns Grölen, Glatze rasieren und Saufen nicht den gewünschten „Endsieg“ bringen. Interessanterweise werden genau solche Phänomene, etwa in Form der „Ostmullen“, teilweise jedoch genau von selbsternannten „Neurechten“- völlig unkritisch – als „metapolitischer Durchbruch“ gefeiert. Ein Umstand, der alles bisher Notierte erneut unterstreicht.
Die Original-Erklärung lässt sich bei Telegram hier abrufen und wurde mittlerweile auch vom Telegram-Kanal des Jungeuropa-Verlags – also einem der wichtigsten neurechten Verlage – geteilt.
Touché, möchte man beim Lesen von Mayrhofers Erklärung ausrufen! Der Südtiroler bringt die Sache auf den Punkt. Zunächst ist nämlich festzustellen, dass niemand kriteriengeleitet und nachvollziehbar definieren kann, was die Neue Rechte überhaupt sein solll – auch die Neue Rechte selbst nicht. Während die Autoren des Marxismus oder des Poststrukturalismus wenigstens ansatzweise noch eine innere Einheit bilden, so ist das bei der Neuen Rechten nicht so. Dies zeigt ein Blick auf die Geschichte der Neuen Rechten.
Die erste Generation der Neuen Rechten konstituierte sich Ende der 60er Jahre um Vordenker wie Henning Eichberg, Lothar Penz und Wolfgang Strauß. Man forderte einen „europäischen Sozialismus“ sowie eine „Dekoloniserung“ Europas, das damals in einen sowjetischen und einen US-amerikanischen Machtbereich geteilt war. Ironischerweise stammte die erste Generation der Neuen Rechten aus dem Umfeld der „altrechten“ NPD, die zum Zeitpunkt ihrer Gründung 1964 allerdings gar nicht „altrechts“ war, sondern einen deutschen Gaullismus und die Überwindung der Blockkonfrontation in Europa forderte.

Eine zweite Generation der Neuen Rechten formierte sich in den 80er Jahren rund um die Zeitschrift „Tumult“ und deren Herausgeber Frank Böckelmann. Damals rezipierte der französische Poststrukturalist und Katastrophen- und Geschwindigkeitstheoretiker Paul Virilo gerade Jüngers Kriegsbücher und seine dem „Heroischen Nihillismus“ zugerechneten Schriften. Für Virilo war der Unfall zur eigentlichen Macht der Moderne geworden – und nirgendwo fand er seine Thesen so gut belegt wie bei Jünger. Als französischer Reimport wurde Jünger auch für deutsche Linke akzeptabel und Böckelmann und seine Leute feierten in „Tumult“ das „wilde Denken“ von Carl Schmitt und Ernst Jünger.
„Altrechts“: Das neue Buzz-Wort
Die dritte Generation der Neuen Rechten formierte sich um die Jahrtausendwende herum um das Institut für Staatspolitik in Schnellroda. Deren damaliger Vordenker Karlheinz Weißmann orientierte sich an den vom Soziologen Arnold Gehlen verfassten Arbeiten, in denen der Mensch als Mängelwesen beschrieben wird, das der Stützung durch Institutionen bedarf. Götz Kubitschek wiederum stützte sich auf Armin Mohlers Nominalismus und brachte drei Bücher des Schweizer Autors neu heraus. Ellen Kositza rezipierte die Schriften der US-Autorin Camille Paglia, um so eine vertiefte Kritik am Feminismus zu erarbeiten.
Wirft man den Blick auf die deutsche Geschichte der Neuen Rechten, so ist inhaltlich kein roter Faden erkennbar. Vorzufinden ist eher ein Kessel Buntes, der aus verschiedenen, teilweise in krassem Widerspruch stehenden einzelnen Denkern und Ideenkomplexen besteht, die isoliert voneinander rezipiert werden. Dieser Eindruck vertieft sich noch beim Blick auf die Neue Rechte außerhalb Deutschlands. Dann kommen noch der Anti-Universalismus und das Heidentum von Alain de Benoist oder der Neo-Eurasismus von Alexander Dugin hinzu. Letzterer bewertet übrigens auch Teile des Nationalsozialismus poitiv, so den von ihm definierten „eurasischen“ Flügel des Nationalsozialismus, den er rund um Reinhard Heydrich verortet. Ketzerische Frage: Ist es einem Neuen Rechten also auch erlaubt, Teile des Nationalsozialismus gut zu finden, wenn dies zuvor ein neurechter Vordenker für gut befunden und „erlaubt“ hat?

Der Begriff Neue Rechte ist also ein Wanderpokal, den sich jeder mal für ein oder zwei Jahrzehnte anheften kann, wobei die einzelnen rezipierten Denker in keinem erkennbaren geistigen Zusammenhang zueinander stehen. Es ist deshalb schwierig, den äußerst schwammigen Begriff der Neuen Rechten als polemisch aufgeladene Waffe in einer innerszenischen Diskussion zu nutzen, so wie Martin Sellner das regelmäßig macht. Man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass – analog zur Verwendung der Begriffe „Nazi“ und „Rechtsextremist“ im Mainstream – der Begriff „Altrechts“ ein völlig inhaltsloses Buzz-Wort ist, mit dem Teile der Neuen Rechten Meinungsgegner innerhalb des patriotischen Spektrums auf einfache Art und Weise erledigen und aus dem Diskurs verbannen können. Damit übernehmen und reproduzieren Teile der Neuen Rechten aber ausgerechnet die Ausgrenzungsmethoden, die auch die herrschende Macht gegenüber Dissidenten einsetzt.
Elsässer als leuchtendes Beispiel
Wie anders verhalten sich da doch die Linken! Als im Zuge der Corona-Proteste ab 2020 Linke und Rechte gemeinsam auf die Straße gingen, fragte von den teilnehmenden Linken niemand, ob man es bei den rechten Teilnehmern mit „altrechten“ oder „neurechten“ Vertretern zu tun habe. Die Linke weiß halt noch, was Solidarität ist und wie man am Ende politische Kämpfe gewinnt. Nur die deutsche Rechte bringt es fertig, eine Kopfgeburt wie die Altrechts-/Neurechts-Trennung zu verabsolutieren und zu einem selbstzerstörerischen Popanz hochzuzüchten, der über Jahrzehnte hinweg das eigene Lager spaltet und dort eine absurd große Stigmatisierungsmacht entfaltet. Einen Kontrapunkt konnte Jürgen Elsässer mit dem 2010 gegründeten COMPACT-Magazin setzen. Elsässer verzichtete auf die üblicherweise im rechten Spektrum vorherrschenden Abgrenzungsreflexe und einte bei Autoren und Leserschaft Vertreter aller Strömungen. Aber der COMPACT-Herausgeber ist eben eine Ausnahmefigur und kommt ursprünglich ja auch aus der radikalen Linken.
Außerdem ist es möglich, dass sogenannte Alte und sogenannte Neue Rechte miteinander diskutieren. Das bewiesen die Sezession-Redakteurin Ellen Kositza und der frühere HEIMAT-Vorsitzende und AUFGEWACHT-Kolumnist Frank Franz bei einer im vergangenen Jahr geführten Videodebatte. Zuletzt interviewte Kositza Franz sogar für die Druckausgabe der Sezession. So geht es doch auch!
Wenn die Neue Rechte nicht reflexartig alles vermeintlich „Altrechte“ von sich stoßen würde, wäre es auch für die Neue Rechte viel einfacher, ihre völlig richtigen Punkte anzubringen, so beispielsweise die berechtigte Warnung vor einer Orientierung am Nationalsozialismus. Es wäre schön, wenn sich ein so kluger Kopf wie Martin Sellner dazu etwas tiefer gehende Gedanken machen würde. Trotz der in diesem Einzelpunkt vorgebrachten Kritik hält der Autor dieses Textes Martin Sellner für einen der wichtigsten und interessantesten Ideengeber und Autoren im patriotischen Spektrum, für einen Aktivisten, der gigantische Leistungen erbracht und der jedwede Unterstützung verdient hat.
Arne Schimmer
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