Bildcollage Franz Josef Strauß vor einem sowjetischen Panzer. Foto: GROK/ Robert Ward (DoD photo by) - http://www.defenseimagery.mil/; VIRIN: HD-SC-98-07539 (cropped), Gemeinfrei.

Franz Josef Strauß und der Panzersprenger von Karl-Marx-Stadt

Eine deutsch-deutsche Weihnachtsgeschichte

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Mehrere Freunde und Bekannte des 2020 verstorbenen Josef Kneifel, der als „Panzersprenger von Karl-Marx-Stadt“ in die Geschichtsbücher einging, bestätigen eine Geschichte, die sich schon seit längerem um Kneifel rankte. Demnach soll der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß massiv beim DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker interveniert haben, um Kneifels Entlassung aus seiner eigentlich lebenslänglichen Haft zu erreichen.

In Arne Schimmers Buch „Der Panzersprenger von Karl-Marx-Stadt: Josef Kneifel: Die Biografie“ heißt es dazu:

Tatsächlich gelangte Kneifels Lebenskraft im Januar 1987 an ein Ende. Das MfS bemerkte, dass einem ihrer wichtigsten und bekanntesten Gefangenen Nierenversagen drohte und er „keinen Lebenswillen mehr ausstrahle“. Doch obwohl in Westdeutschland sein Fall lange unbekannt blieb, gab es langsam Anlass zur Hoffnung. Irmgard Kneifel hatte sich an Kirchenvertreter und Hilfsorganisationen gewandt. In Richtung Ost-Berlin gingen immer häufiger unangenehme Fragen. Über den Staatssekretär der DDR für Kirchenfragen, Klaus Gysi, Vater Gregor Gysis, erreichten den evangelischen Landesbischof Sachsen, Johannes Hempel, Aufforderungen, im „Fall Kneifel“ zu intervenieren. Denn Honecker konnte 1987, Michail Gorbatschow warb als Generalsekretär der KPdSU bereits seit zwei Jahren für „Glasnost und Perestroika“, keine unangenehmen Gefangenen gebrauchen. Die bankrotte DDR suchte die Annäherung an die Bundesrepublik. Und dann spielte Kneifel eine besondere historische Konstellation in die Karten.

Honeckers Pyrrhussieg

Am 7. September 1987 – fast genau zwei Jahre vor dem Mauerfall – erlebte Erich Honecker den größten Triumph seiner langen Laufbahn. Der DDR‑Staatsratsvorsitzende wurde beim Staatsbesuch in Bonn von Bundeskanzler Helmut Kohl mit protokollarischen und militärischen Ehren empfangen. Fünf Tage blieb er in der Bundesrepublik. Er besuchte den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß in München, seinen Jugendfreund Herbert Wehner, mit dem er gemeinsam im kommunistischen Jugendverband tätig gewesen war, und das Geburtshaus von Karl Marx in Trier. Schließlich wurde er vom saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine in seiner Heimat mit den Worten „Fühle Se sich wie dehemm“ empfangen. Bei seinem Besuch im kleinsten bundesdeutschen Flächenland unterlief ihm auch eine Art Blackout. In Neunkirchen sprach er plötzlich davon, dass der Tag kommen werde, „an dem Grenzen uns nicht mehr trennen, sondern uns vereinen“.

Michail Gorbatschow
Michail Gorbatschow und der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker auf dem SED-Parteitag im April 1986. Die Verbrüderung war allerdings nur oberflächlich – im SED-Politbüro lehnte man den sowjetischen Kurs der Öffnung ab. Foto: Von Bundesarchiv, Bild 183-1986-0421-049 / Rainer Mittelstädt / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de.

Den wie vom Donner gerührten Zuhörern stockte der Atem. Der Besuch Honeckers in der Bundesrepublik gilt als Höhepunkt seiner politischen Laufbahn. Der SED‑Generalsekretär war im Vorfeld des Besuchs zu großen Zugeständnissen bereit. Seit dem Amtsantritt Gorbatschows in der Sowjetunion im März 1985, zu dem der Saarländer nie ein gutes Verhältnis entwickelte, fühlte sich Honecker in die zweite Reihe zurückgedrängt und im Vergleich zum umjubelten internationalen Polit-Star „Gorbi“ zu wenig beachtet. Das wollte er unbedingt ändern. Der mittlerweile auch in der Bundesrepublik bekannte „Fall Kneifel“ konnte ihm bei seinem Besuchsvorhaben nicht behilflich sein.

Deutsch-deutscher Menschenhandel

Außerdem war der Freikauf von politischen Häftlingen durch die Bundesrepublik Deutschland für die DDR zu einem immer wichtigeren, ja fast unverzichtbaren wirtschaftlichen Stabilitätsfaktor geworden. Was an Weihnachten 1962 in einem kleinen Rahmen begann – der CDU‑Mann Rainer Barzel hatte als frischgebackener Minister für gesamtdeutsche Fragen 20 Häftlinge und ebenso viele Kinder im Tausch gegen drei Güterwaggons mit Kalidünger aufgekauft – entwickelte sich bald zu einem florierenden Menschenhandel. Bis 1989 wurden fast 34.000 Häftlinge für die – gerechnet in der damaligen Kaufkraft – astronomische Summe von 3,44 Milliarden D‑Mark freigekauft. Das alles unterstand dem sagenumwobenen Bereich Kommerzielle Koordinierung – kurz KoKo –, der unter der Ägide des legendären Alexander Schalck-Golodkowski zu einem eigenen Schattenreich eines sich immer weiter ausweitenden Handels mit Embargogütern expandierte. Außerdem wurde alles verramscht, was der DDR Devisen brachte: Waffen, Menschen, Lagerstätten für Giftmüll, Kunst, Antiquitäten. Charles Maier stellte in seinem Buch „Das Verschwinden der DDR und der Untergang des Kommunismus“ fest, dass in den 80er Jahren die eigentlich sozialistisch verfassten Ökonomien des Ostblocks in ein Stadium der „protokapitalistischen Unruhe“ geraten wären.

Das ist eine nette Umschreibung dafür, dass beispielsweise in der DDR mit dem Bereich KoKo eine hyperkapitalistische Insel in einem sozialistischen Staat entstand, in der buchstäblich alles handelbar war. Es ging einzig und allein darum, eine ausreichende Menge an Devisen zu erwirtschaften, damit der wacklige Karren der sozialistischen Ökonomie wenigstens noch ein weiteres Jahr durchhielt.

Genau das spielte Josef Kneifel im Jahr 1987 in die Karten. Der wichtigste Kreditgeber der DDR – nämlich Franz Josef Strauß höchstpersönlich – soll Kneifel auf die Liste der freizukaufenden politischen Gefangenen gesetzt haben. Das berichtete Kneifel in seinen Vorträgen (so beispielsweise in seinem Vortrag am 11. August 2011 im Nationalen Zentrum Leipzig) und gegenüber Freunden. Das scheint durchaus plausibel zu sein, zumal es immer wieder vorkam, dass sich bundesdeutsche Spitzenpolitiker in den innerdeutschen Häftlingsfreikauf einmischten. Strauß sorgte später jedenfalls mit einer persönlichen Anweisung dafür, dass Kneifel in Bayern eine Opferrente erhielt, obwohl er offiziell nie rehabilitiert wurde.

Mehr zu dem Thema lesen Sie in dem Buch „Der Panzersprenger von Karl-Marx-Stadt: Josef Kneifel: Die Biografie“.

 Antonie Reuter

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